Bundeskanzlerin Angela Merkel
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Die Ungleichheit in Deutschland hat unter
Angela Merkel deutlich zugenommen. Im ersten Jahr ihrer Kanzlerschaft,
also 2006, waren 14,0 Prozent der Bevölkerung von Armut bedroht.
Da in diesem Wahlkampf Inhalte generell
keine oder bestenfalls eine untergeordnete Rolle spielen, ist auch die
Debatte über Gerechtigkeit in Deutschland kaum in Fahrt gekommen. Dabei
würde es nach acht Jahren mit Angela Merkel (CDU) als Bundeskanzlerin
gute Gründe geben, sich Gedanken über ihre sozialpolitische Bilanz als
Chefin erst einer großen und dann einer schwarz-gelben Koalition zu
machen.
Seit 2006, dem ersten Jahr nach ihrem Regierungsantritt,
ist der Anteil der von Armut bedrohten Menschen an der Gesamtbevölkerung
deutlich gestiegen, wie eine Antwort der Bundesregierung auf eine
Anfrage der Linkspartei zeigt. Zugleich stieg die Zahl der Millionäre.
Die
Ungleichheit in Deutschland hat unter Angela Merkel deutlich
zugenommen. Im ersten Jahr ihrer Kanzlerschaft, also 2006, waren 14,0
Prozent der Bevölkerung von Armut bedroht. Im vergangenen Jahr waren es
15,2 Prozent oder 476.000 Personen. Als armutsgefährdet gilt, wer 60
Prozent des mittleren Einkommen hat. Zuletzt lag die Armutsschwelle in
Deutschland für einen Einpersonenhaushalt bei 869 Euro im Monat. Im
internationalen Vergleich ist das ein hoher Wert – schließlich geht es
dem Land insgesamt gut. Dies führte die Bundesregierung auch immer
wieder an, um sich gegen Vorwürfe zu wappnen, sie lasse die Gesellschaft
auseinandertreiben. In zahlreichen Regionen dieser Welt würden sich
viele Alleinlebende freuen, hätten sie so viel zur Verfügung wie ein
Armer in Deutschland.
Lebensstandard außergewöhnlich hoch
Zu
Recht aber stellt die Armutsdefinition auf den Wohlstand in der
jeweiligen Nation ab. Es geht um eine gerechte Verteilung und um
Teilhabe, also die Chance, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Wer
sich das Ticket fürs Kino nicht leisten kann und den Kindern den
Schwimmbadbesuch verweigern muss, ist ausgeschlossen vom üblichen Leben
in dieser Gesellschaft. Damit gilt er oder sie zu Recht als arm. Dass
der Lebensstandard hier insgesamt außergewöhnlich hoch ist, befreit die
Politik nicht von der Aufgabe, für einen Ausgleich zwischen Arm und
Reich zu sorgen.
Wie viel es da zu tun gibt, zeigt auch ein Blick
auf die andere Seite. Die Zahl der Millionäre stieg im Zeitraum 2006
bis 2012 um 120.000 auf 892.000. Das Vermögen dieser gut Betuchten
kletterte um 406 Milliarden auf 2,38 Billionen Euro. Dies ergaben
Recherchen, die der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages
im Auftrag der Linkspartei anstellte. Die Bundesregierung hatte erklärt,
eine entsprechende Frage nicht beantworten zu können. Anders als die
Beamten im Arbeitsministerium wussten sich die wissenschaftlichen
Mitarbeiter des Parlaments zu helfen – sie besorgten sich die Daten beim
Statistik-Portal Statista.
Sabine Zimmermann,
arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linkspartei, rief die Bürger auf,
soziale Gerechtigkeit ins Zentrum ihrer Wahlentscheidung am nächsten
Sonntag zu stellen. „Millionen Menschen in Deutschland werden in Hartz
IV, Niedriglöhne und Armutsrenten gedrängt, während der Reichtum in
diesem Land wächst“, sagte sie. Aus Sicht von Union und FDP zeichnet die
Linkspartei ein Zerrbild der sozialen Realität. Sie verweisen darauf,
dass die Arbeitslosigkeit stark abgenommen habe.
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