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Samstag, 15. November 2014

"Ulfkottes „Gekaufte Journalisten“ – ein spannender Titel und ein enttäuschendes Buch"

Ulfkottes „Gekaufte Journalisten“ – ein spannender Titel und ein enttäuschendes Buch

Verantwortlich: Trotz gewisser Vorbehalte gegen den Kopp-Verlag und gegen den Autor Udo Ulfkotte bin ich mit positiven Erwartungen an die Lektüre dieses Buches gegangen. Diese freundlichen Erwartungen haben damit zu tun, dass mir die Lektüre und Besprechung dieses Buches von einem vertrauenswürdigen Wissenschaftler empfohlen wurde. Es hatte noch mehr damit zu tun, dass der Titel des Buches der Realität der Meinungsbildung in unserem Land in einem beachtenswerten aber immer wieder bestrittenen Maße entspricht – unbeschadet der Tatsache, dass sehr viele Journalisten ihren Beruf frei von solchen Machenschaften ausüben. Weil ich selbst schon vor 45 Jahren Zeuge des Kaufs von Journalisten geworden bin, warte ich seit jenem Jahr 1969 darauf, dass Ross und Reiter genannt werden. Ulfkotte nennt leider kaum neue Rösser und neue Reiter. Und er widerspricht sich in den Diagnosen seines Buches so massiv, dass man fragen muss, was ihn beim Schreiben dieses Buches geritten hat. Von Albrecht Müller

Nachtrag 11.10.: Ein Nutzer der Nachdenkseiten macht darauf aufmerksam, dass der oben zitierte Halbsatz „dass sehr viele Journalisten ihren Beruf frei von solchen Machenschaften ausüben“ besser lauten würde: „dass die meisten Journalisten ihren Beruf frei von solchen Machenschaften ausüben“. Dieser Korrektur folge ich gerne.
Wer in der öffentlichen Debatte davon spricht, auch einzelne Medienschaffende seien käuflich und beteiligten sich an der politischen Korruption, wird meist als Verschwörungstheoretiker abgetan. So geschieht es auch mir, obwohl ich wie erwähnt schon 1969 mit zwei Fällen gekauften Journalismus befasst war, darunter mit der Information, dass ein Agenturjournalist mit 600.000 DM für die Public Relations Arbeit für eine Partei über einen Zeitraum von rund neun Monaten honoriert wurde.
Da dies eine harte und verlässliche Information war und ich seitdem immer wieder Zeuge für die Beteiligung von einzelnen Journalisten an gezielter und strategisch geplanter Meinungsmache wurde, musste ich immer wieder lachen, wenn diese Erfahrung als Hirngespinst abgetan wurde. Die Information über die Zahlung des genannten hohen Betrags war zwar verlässlich und hart, aber es fehlten die justitiablen Belege. Deshalb konnte ich mit diesem und anderen Vorgängen nicht in die Öffentlichkeit gehen. Den Namen des Agentur-Journalisten kann ich bis heute nicht nennen. Umso mehr war ich gespannt darauf, ob der Autor Udo Ulfkotte das wagt.
Er tut es spärlich. Der Autor beschreibt, wie sehr er selbst in die Machenschaften des gekauften Journalismus einbezogen war. Wir erfahren einiges Interessante über die Kommunikationsstrategien der NATO und der Geheimdienste. Wir erfahren einiges Interessante über die inneren Verhältnisse bei der FAZ, wo der Autor lange tätig war, und über die Union und die Adenauer Stiftung.
Im Vorwort schreibt der Autor:
„Der Verlust der Meinungsvielfalt, das Einheitsprodukt und die immer extremere Einseitigkeit kann nur verstehen, wer weiß, wie die Informationsströme im Hintergrund kanalisiert werden. Das lichtscheue Netzwerk von Medien, Lobbyisten und Politik war bislang gut getarnt. In den folgenden Kapiteln identifizieren wir es und fragen: Wer wird da von wem beeinflusst? Und vor allem: Wer schmiert wen wofür? … Begeben wir uns auf eine spannende detektivische Spurensuche.“
Das ist eine der typischen mitunter sehr großmäuligen Ankündigungen des Autors – es gibt sie ständig und lästig werdend im Text. Im konkreten Fall kommt dann vor allem das, was wir seit Monaten aus den Untersuchungen des Medienwissenschaftlers Uwe Krüger, aus den Nachdenkseiten, aus der „Anstalt“ des ZDF und von relativ vielen früheren einzelnen Beschreibungen der Käuflichkeit und der politischen Korruption von Journalisten kennen. Diese Spurensuche ist von anderen gemacht worden und nicht vom Autor Ulfkotte. Auf seinen Seiten 170 und 171 druckt er die Tabelle ab, die wir von Uwe Krüger kennen, und die Sie auf den NachDenkSeiten am 21. März 2014 schon studieren und auswerten konnten.
Auf den Seiten 188-192 des Buchs von Ulfkotte finden Sie die Namen von einschlägig in den USA-nahen Netzwerken tätig sind – von Baring, Berger und Brok bis Richard von Weizsäcker und Klaus Wowereit. Sie sind in der Atlantikbrücke, im Aspen-Institut, in der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, im German Marshal Fund und anderen ähnlichen Institutionen und Fonds tätig. Aber „wer wen schmiert“ erfahren wir vom Autor in Bezug auf die meisten der genannten Personen nicht.
Dennoch, das sei anerkannt: Udo Ulfkotte beschert uns ein Kompendium von interessanten Informationen zu Kommunikationskampagnen der NATO, der USA, der verschiedenen Geheimdienste, reicher Leute wie Soros und der erwähnten Netzwerke der Alpha-Journalisten Joffe (Die Zeit), Frankenberger (FAZ), Kornelius (Süddeutschenzeitung) und anderer mehr.
Meist linksgestrickte Redaktionen?
Autor Ulfkotte beschreibt in seinem Buch, auch auf der Basis vorher schon vorliegender Ergebnisse wie jenen von Uwe Krüger, wie die Herrschenden, die so genannten Alpha-Journalisten das Meinungsbild der Republik bestimmen. Er zeichnet dabei ein Bild, das wir mit unserer fast elfjährigen Arbeit für die Nachdenkseiten auch immer wieder skizziert haben: dass die großen Interessen über weite Strecken auch die politischen Entscheidungen dadurch bestimmen, dass sie die Meinung bestimmen. Eine diesem Befund entsprechende Hauptaussage meines Buches „Meinungsmache“ lautet:
„Wer über viel Geld und/oder publizistische Macht verfügt, kann die politischen Entscheidungen massiv beeinflussen.“
Das erklärt auch, warum die gescheiterten Neoliberalen dennoch weiterhin die politischen Entscheidungen in der westlichen Welt bestimmen und warum sie immer mehr zu militärischen Aktionen schreiten – in der Sprache Ulfkottes – weil sie Journalisten kaufen. Die in den Medien Herrschenden sind die Rechtskonservativen, die Medienkonzerne in Verbindung mit der Finanzwirtschaft und konservativen bzw. neokonservativen Ideologen. Die Etablierten, die da oben, haben das Heft der Meinungsmache in der Hand – so der zwingende Eindruck über rund 240 Seiten. Und dann kommt auf Seite 248 ein richtiger Hammer:
„Wie erwähnt, leiden die meisten Zeitungen in Deutschland unter sinkenden Auflagen. Das hängt nicht allein mit dem Bedeutungszugewinn der elektronischen Medien, sondern auch mit dem gewachsenen Selbstbewusstsein der Leserschaft zusammen. Die wollen sich den politisch-korrekten Einheitsbrei der zumeist linksgestrickten Redaktionen nicht länger bieten lassen und kündigen immer zahlreicher ihre Abonnements.“
Wenn der Autor Ulfkotte wirklich meint, das Problem der demokratischen Willensbildung und Meinungsbildung sei, dass die Redaktionen „zumeist linksgestrickt“ sind, dann hat er vom Zustand der Medien in Deutschland nichts begriffen. Dann weiß er auch nicht, wer kauft und wer gekauft wird. Offenbar ist der Journalist Ulfkotte nicht vom Saulus zum Paulus geworden, wie in dem Buch vermittelt werden soll. Er hängt in uralten Analysen und Erkenntnissen. Das wird eine Seite vorher sichtbar, auf Seite 247. Dort greift der Autor auf eine alte und von Kennern als eine von Unionskreisen bestimmte Untersuchung des Kommunikationswissenschaftlers Mathias Kepplinger zurück. Kepplinger hatte ermittelt, 34 % der Journalisten stünden den Grünen nahe, weitere 25 % der SPD, also stünden etwa 60 % der deutschen Journalisten links.
Ulfkotte hat von der Wirklichkeit des deutschen Journalismus offenbar nichts mitbekommen. Er hat die Propaganda der Adenauerstiftung, der Union und der Konservativen verinnerlicht, wonach es überall in Deutschland „Rotfunk“ gäbe. Das war das Schlagwort, das von seinen Freunden von der Union vornehmlich zur Charakterisierung des WDR gebraucht wurde. Dass das so nie stimmte, sondern immer eine Propagandaformel war – diese Einsicht kann man offensichtlich von einem Jünger von Union und Adenauerstiftung nicht erwarten, auch wenn er heute Paulus heißt. Vom Autor eines Buches über „Gekaufte Journalisten“ müsste man aber erwarten können, dass er zumindest die Verschiebungen nach rechts bzw. zum Unpolitischen und Unterhaltenden wahrnimmt.
Als Fußnote bei diesem Kapitel bleibt noch anzumerken: Ulfkotte plappert auch die in Springer- und anderen konservativen Medien verbreitete These nach, die SPD habe einen hochwirksamen Medienkonzern zusammengeschweißt und nutze diesen nicht nur als Investment, sondern auch parteipolitisch, also zur Beeinflussung der Wählerinnen und Wähler. Er nennt auf Seite 243 ausdrücklich die Sächsische Zeitung, an der die SPD über die DDVG im Jahr 2002 40 % der Anteile hielt. Im Jahr 2004 erreichte die SPD in Sachsen 9,8 %. Ihr Medienkonzern war somit höchst wirksam. – Was für ein Stuss schreibt dieser Autor zusammen!
Das ist alles abgeschrieben. Man muss deshalb messerscharf schließen, dass Udo Ulfkotte das Musterbeispiel an gekauftem Formalismus nicht nur war sondern auch ist.
Übrigens: Autor, Lektor und Verlag machen sich über ihre Leserinnen und Leser lustig. Diese armen Menschen müssen nämlich auf Seite 248 lesen, dass die Medien mehrheitlich links gestrickt seien, also unter dem Einfluss der kleinen Leute stünden, so muss man das wohl verstehen, um dann wenig später, konkret eine Seite später in einem neuen Kapitel zu lesen, dass Paul Sehte, der frühere FAZ Herausgeber recht gehabt habe, wenn er behauptete, die Freiheit der Presse im Westen sei die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu publizieren; es seien heute nur noch 4 oder 5 Leute, zitiert der Autor seinen angeblichen Freund Peter Scholl-Latour. Und diese vier oder fünf Leute sind linksgestrickt oder so dämlich, dass sie nicht merken, dass ihre Redaktionen linksgestrickt sind.
Es gibt in der Zeit der journalistischen Tätigkeit des Autors Ulfkotte eine Fülle von praktisch erfahrbarer Käuflichkeit von Journalisten. Ich will einige Fälle nennen:
  • In der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre gab es einen vielfach beschriebenen Aktienboom. Unternehmen gingen an die Börse, zum Beispiel die Deutsche Telekom. Dafür wurde auf vielen Kanälen geworben. Diese Werbung, zum Beispiel durch den Schauspieler Krug, war begleitet von redaktionellen Storys. Jeder kritische Beobachter musste damals schon annehmen, dass diese Geschichten nicht ohne Beeinflussung durch die Werbeabteilungen der betreffenden Unternehmen oder durch PR Agenturen zustande kamen. Wer wurde wie geschmiert? Dieser Frage nachzugehen wäre verdienstvoll gewesen für ein Buch das „Gekaufte Journalisten“ heißt.
  • Es wurde uns damals erzählt, wir hätten es mit einer Neuen Ökonomie zu tun, von New Economy wurde schwadroniert. So genannte Startups wurden in den Himmel gehoben. Vor ihren Füßen fiel der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in seinem Gutachten vom November 2000 in den Staub. Wer hat sich diese Kampagne ausgedacht? Welche Journalisten wurden dafür mit welchen Mitteln ausgestattet und geschmiert?
  • Die Deutsche Bundesbank hat einen gut ausgestatteten Etat für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit. Gleichzeitig hat die Deutsche Bundesbank trotz großer Fehlleistungen wie ihren hohen Diskonterhöhungen einen ausgezeichneten Ruf. Wer wurde von den Öffentlichkeitsarbeitern der Deutschen Bundesbank beziehungsweise von PR Agenturen gekauft? Darüber hätte ich in einem Buch, das „Gekaufte Journalisten“ heißt, gerne etwas erfahren. Der Autor hätte leicht Anhaltspunkte und sogar Hinweise auf Namen finden können. Von der Deutschen Bundesbank erhielt ich als Bezieher ihres Monatsberichtes zusätzlich noch regelmäßig Ausdrucke von Presseartikeln, die mit der Politik der Bundesbank, also der Geld- und Zinspolitik, zu tun hatten. Es ist bekannt, dass der Wiederabdruck dieser Artikel sehr gut honeriert wurde. Es ist auch bekannt, dass man besondere Beziehungen haben musste, um in diesen gut bezahlten Wiederabdruckszirkel aufgenommen zu werden. Autor Ulfkotte hätte also schon sehr konkrete Hinweise gehabt, um der Verkäuflichkeit dieser Personen nachzugehen.
  • Im Vorfeld des Bundestagswahlkampfes 1998 begann eine intensive und lange anhaltende Kampagne zum demographischen Wandel und zur angeblichen Notwendigkeit, die solidarische Altersvorsorge der Gesetzlichen Rente durch Privatvorsorge zu ergänzen. Die Versicherungswirtschaft und die Banken suchten ein neues Geschäftsfeld. Ihre Politik- und Öffentlichkeitsarbeitsstrategen hatten sich ausgedacht, als Grundlage und Katalysator dieses politischen Wechsels eine Kampagne zum sterbenden und vergreisenden Volk und insgesamt zum demographischen Wandel und der daraus angeblich für die Gesetzliche Rente folgenden Schwierigkeiten zu starten. Die Kampagne der Finanzwirtschaft wurde vor den Bundestagswahlen von 1998 von einer Fülle von schwarz-grünen großen Anzeigen in den Printmedien unterstützt. Später kamen Artikel und Sendungen in den kommerziellen und öffentlich-rechtlichen Medien hinzu. Ganze Themen-Wochen wurden mit Medienbeiträgen über den demographischen Wandel und zur privaten Altersvorsorge gefüllt. Institute wie das Deutsche Institut für Altersvorsorge DIA wurden aktiv. Andere Institute schalteten sich in die Kampagne ein und wurden mit Gutachten beauftragt. So zum Beispiel das so genannte Berlin-Institut. Dieses veröffentlichte Mitte März 2006 ein dramatisches Gutachten. Unmittelbar danach hatte der Südwestfunk schon eine Sendung von einer vollen Stunde zu diesem Gutachten arrangiert. Das war eine deutlich erkennbare doppelbödige PR-Aktion. Wir haben in den Nachdenkseiten davon berichtet und ich habe praktisch zeitgleich in meinem Buch „Machtwahn“ diesen Vorgang beschrieben. Es ist einer von Hunderten von Fällen, bei denen für jeden einigermaßen kritischen Beobachter klar wurde, dass hier Journalisten reihenweise gekauft worden waren. Deshalb hätte man erwarten können, dass in einem Buch mit dem Titel „Gekaufte Journalisten“ auf diese gravierenden, unsere Gesellschaft und die soziale Sicherheit viele Menschen beschädigenden Vorgänge eingegangen worden wäre.
Statt sich mit diesen Fällen offenbarer politischer Korruption zu beschäftigen, hat sich der Autor mit voller Energie einem wirklich lächerlichen Fall gewidmet. Es geht dabei um die publizistische und werbliche Begleitung der Einführung des Euro. Dem Autor schmeckt der Euro nicht. Er wollte bei der DM bleiben. Das ist sein gutes Recht. Aber die publizistische Begleitung der Einführung des Euro und die dafür von der Bundesregierung und der Europäischen Union betriebene Öffentlichkeitsarbeit als einen Vorgang darzustellen, der in die Rubrik Gekaufte Journalisten gehört, ist schon sehr dreist. Wegen dieser Kampagne über Sabine Christiansen, Ulrich Wickert und auch noch über Helmut Schmidt herzufallen, ist ziemlich abwegig.
Wenn sich der Autor Ulfkotte den Kampagnen der Sabine Christiansen hätte nähern wollen, dann hätte er besser andere Beispiele als die Einführung des Euro hergenommen. Zum Beispiel könnte man und müsste man fragen, was Sabine Sabine Christiansen zum Aufbau des hessischen Wahlverlierers von 1999, Hans Eichel, zum Sparkommissar der Bundesrepublik Deutschland beigetragen hat. Hätte der Autor zu diesem Thema recherchiert, dann hätte wäre er relativ schnell fündig geworden. Er hätte zum Beispiel feststellen können, dass der Bundesfinanzminister Hans Eichel und die Fernsehmoderatorin Sabine Christiansen den gleichen PR Agenten beschäftigten. Statt solchen Verflechtungen von Publizistik und Politik nachzugehen, reitet der Autor sein Steckenpferd: die Gegnerschaft zum Euro.
Zusammenfassend: Autor Ulfkotte schildert einige interessante Fälle von Käuflichkeit von Publizisten. Diese gründen vor allem auf eigener Erfahrung. Diese Passagen sind lesenswert. Er berichtet dann weiter über Vorgänge und Netzwerke, die schon seit längerem bekannt sind, die man also nicht seinen Recherchen und seinen Analysen zuschreiben kann. Ansonsten ist das Buch voll von Widersprüchen der skizzierten Art und von sonderbaren Bewertungen und Urteilen. Das Buch dient leider der Irreführung. Schade, denn die Themenstellung des Buches und der Titel sind sehr aktuell. Nicht erst jetzt, schon seit vielen Jahren.
Bibliografische Angaben:
Udo Ulfkotte:
Gekaufte Journalisten
Wie Politiker, Geheimdienste und Hochfinanz Deutschlands Massenmedien lenken.
Kopp Verlag, Rottenburg September 2014
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Dienstag, 11. November 2014

Ohne nachzudenken bzw. nachzuprüfen wird auch hier mediengängige Betitelung ...

Erschreckend!  Bin Laden wird auch mehrere Male durch aussprechen des vollen Namens quasi gehuldigt!

Kalifat

Als 'Kalifat' (arabisch ‏خلافة‎, DMG ḫilāfa) bezeichnet man die Herrschaft, das Amt oder das Reich eines Kalifen, also eines „Nachfolgers“ oder „Stellvertreters des Gesandten Gottes“ (‏خليفة رسول الله‎, ḫalīfat rasūl Allāh). Es stellt somit eine islamische Regierungsform dar, bei der die weltliche und die geistliche Führerschaft in der Person des Kalifen vereint sind. Bereits Mohammeds Staat in Medina basierte auf einem theokratischen Modell: Er war sowohl der Führer der religiösen Bewegung als auch der Herrscher über den Machtbereich, in dem dieser Glaube gelebt wurde.
In der Form ‏خليفة الله‎ (Ḫalīfat Allāh), also „Stellvertreter Gottes [auf Erden]“ existiert der Kalifen-Titel seit den ab 661 regierenden Umayyaden.[1] Da gemäß Sure 112 (Al-Ichlās) jedoch kein Mensch Gott gleich sein kann – nicht einmal das Oberhaupt aller Muslime –, steht diese Interpretation des Kalifats nach Ansicht vieler Muslime im Widerspruch zur Lehre Mohammeds.

Inhaltsverzeichnis


Di
11. November
20 15
ARTE

Der letzte Kalif von Afghanistan

Ende dieses Jahres verlassen die letzten ausländischen Truppen den Hindukusch. Eine aktuelle Bestandsaufnahme.
Breitbild HDTV
Wdh. am 13.11.
Er gilt als Anführer der Taliban, die immer noch gegen Afghanistans Regierung und Truppen aus dem Ausland gleichermaßen kämpfen. Und er ist unauffindbar: Mohammed Omar, genannt Mullah Omar, der Kalif von Afghanistan. Die investigative Suche dreier Kennerinnen des Landes nach dem Terroristen, teils mit versteckter Kamera, eröffnet um den Abend. Porträts dreier afghanischer Demokratie-Aktivisten folgen. Oberstaatsanwältin Maria Bashir etwa kämpft für Frauenrechte. Eine Rückschau auf den Einmarsch der Sowjets 1979 beleuchtet die geopolitische Bedeutung der verschiedenen Kriege, die nun schon seit 35 Jahren das Land verwüsten.

Themenabend: Afghanistan, ein Land in Aufruhr

> 21.15 | 60 Min. | 213-324
F 2014; R: Claire Billet; Leslie Knott; Bette Dam

Sonntag, 9. November 2014

Wer jetzt denkt, ich wär ein echter Anhänger der Partei die Linke irrt!

Bei den angeblichen Volksparteien wird mir immer mehr schlecht!
Seid der Ära Westerwelle kann ich mit der FDP noch weniger anfangen!
Die oft in der Vergangenheit difus auftretende CSU hat mich vor Jahrzehnten
dazu gebracht, mich mehr für die Politik zu interessiern. Weil frau/man ebend
gelernt haben, dass Menschen nicht selten wenig vertrauenswürdig sind. Und
das bezieht sich noch mehr auf viele Menschen an der Macht, und noch mehr
auf Menschen an der politischen Macht !!!
Mit herzlichen Grüßen Thomas Karnasch

Samstag, 8. November 2014

"Wie Norbert Lammert die Linke austrickste" - offenbar nicht nur die: das war also kalkulierte Absicht?

Äh, gibts die DDR etwa noch in manchen Köpfen?
Lammert trickst damit auch in gewisser Weise Medien und sich selbst aus!
Denn, auch die Pflichtverletzungen eines Doktors der Soziologie -aus dem letzten
Jahrtausend- sind im Grunde nicht nur ernüchternd und enttäuschend, sondern
auch inakzeptabel, da Norbert Lammert Bundestagspräsident ist!

Und viele Medien tricksen über den Auftritt -einer zweifellos beeindruckenden
Persönlichkeit- und doch eines 77jährigen ergrauten Mannes einmal mehr die
eigene Gesellschaft aus! Aufmerksame Journalisten haben sicherlich mitgekriegt,
dass die von Wolf Biermann an die Linken-Abgeordneten im Deutschen Bundestag
gerichteten Sätze kaum in die Gegenwart passen können - was er in gewisser Weise
auch angedeutet hat: Bürgerrechtler opfern besonders in einer Diktatur nicht selten
einen hohen Einsatz an Emotionen, an Substanz, durch ihren Tatendrang.

Dabei steht doch u.a. geschrieben:
Du sollst nicht falsches Zeugnis ablegen über deinen nächsten!
Ein schönes Wochenende wünscht Thomas Karnasch

Wie Norbert Lammert die Linke austrickste

Der DDR-Kritiker Wolf Biermann wird am Freitag zum Gedenken an den Mauerfall im Bundestag singen. Eingetütet hat das Bundestagspräsident Norbert Lammert – mit einer geschickten List.
Von Politikredakteur
Wenn am Freitag der Bundestag mit einer Debatte an den Fall der Mauer vor 25 Jahren erinnert, wird kein Redner im Mittelpunkt stehen, sondern ein Sänger. Wolf Biermann, der Liedermacher, der 1976 aus der DDR ausgebürgert wurde, trägt den Abgeordneten einen Song vor.
Undenkbar, dass die Linke freiwillig zugestimmt haben soll, Biermann ein solches Forum zu bieten, schließlich ist der 77-Jährige einer der wortmächtigsten Kritiker der Linkspartei und schont die Abgeordneten nicht, die in der Vergangenheit mit der Staatssicherheit zusammenarbeiteten. Hat sie auch nicht. Und so fühlt sich die SED-Nachfolgepartei ausgetrickst. Und zwar vom Bundestagspräsidenten persönlich: Norbert Lammert. Der CDU-Politiker nutzte dazu geschickt die Geschäftsordnung des Bundestages – was die Linke tüchtig ärgert.
Aber der Reihe nach: Als im Ältestenrat, dem Gremium, das auch Feierstunden im Bundestag vorbereitet, über den Mauerfall nachgedacht wurde, blockierten sich die Fraktionen. Die Grünen hätten gern Marianne Birthler, die ehemalige Chefin der Stasi-Unterlagenbehörde, als Ehrengast gesehen. Die Union wollte lieber Sabine Bergmann-Pohl, die erste frei gewählte Volkskammerpräsidentin der DDR und letztes Staatsoberhaupt. Man einigte sich darauf, gar keinen Ehrengast einzuladen und stattdessen je einen Redner aus jeder im Parlament vertretenen Partei sprechen zu lassen.
Lammert aber merkte an, es müsse, der Feierlichkeit wegen, wenigstens ein besonderes Rahmenprogramm geben. Er schlug vor, Ausschnitte aus einem Film einzuspielen, der bereits bei den Einheitsfeierlichkeiten am 3. Oktober in Hannover gezeigt worden war. Alle stimmten zu. Dann aber sagte Lammert, nach Teilnehmerangaben eher beiläufig, man könne sich auch noch um einen Musikbeitrag bemühen.
Das ist geübte Praxis bei Feierstunden: Am Holocaust-Gedenktag etwa spielte eine Klezmer-Gruppe. Lammerts Nachsatz, er könne vielleicht Wolf Biermann fragen, ging schon fast unter. Zumal ihn die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, scherzhaft mit dem Gegenvorschlag konterte, Clueso – ein junger Rapper aus Erfurt – käme auch infrage. Die parlamentarische Geschäftsführerin der Linken, Petra Sitte, hörte schweigend zu.

Die Linke schäumte vor Wut

Der Bundestagspräsident aber schritt zur Tat. Er lud nicht Clueso ein, sondern Biermann. Der nahm die Einladung an. Lammert hängte seinen Coup nicht an die große Glocke, erst Anfang der Woche sickerte Biermanns Auftritt durch. Die Linke schäumte vor Wut. Aber sie kann nichts machen. Offiziell ist die Feierstunde nur eine "verabredete Debatte", und das musikalische Rahmenprogramm ist tatsächlich eine Domäne des Bundestagspräsidenten.
Die übertölpelte Petra Sitte – sie wollte am Mittwoch nicht mit der "Welt" sprechen – musste sich intern schwere Vorwürfe anhören. Gleichzeitig schwor die linke Fraktionsführung aber ihre Abgeordneten darauf ein, sich nicht öffentlich über den Biermann-Auftritt zu beschweren, um dem DDR-Kritiker nicht noch zusätzliche Publizität zu verleihen.
"Biermann wird wieder heldenhaft versuchen, unsere Leute als Stasi-Spitzel zu entlarven"
Diether Dehm
Linken-Abgeordneter
Doch auch dieses Vorhaben scheiterte. Diether Dehm will am Donnerstag einen offenen Brief an Biermann verschicken. Der "Welt" sagte der Linken-Abgeordnete: "Biermann wird wieder heldenhaft versuchen, unsere Leute als Stasi-Spitzel zu entlarven. Ich möchte ihn auffordern, stattdessen seine alten Lieder zu singen."
Dehm will Biermann dessen Song "So oder so, die Erde wird rot" vorschlagen, indem der Sänger in den 1970er-Jahren zur Gründung einer kommunistischen Partei nach italienischem Vorbild aufrief. Dehm, der einst Biermanns Manager in Westdeutschland war, berichtete damals über den Sänger – der Staatssicherheit in der DDR.

Donnerstag, 6. November 2014

Linkspartei kritisiert ZDF - lese ich in Überschrift und schaue interessiert nach, wer denn und wie ...

Und dann gibts sowas zum Teil grauseliges zu lesen. Deutsche Medien haben offenbar
öfters kein Problem damit, braune Gesinnung heran zu züchten. Die FAZ ist im Grunde
gut beraten, Redakteur Michael Hanfeld etwas aufmerksamer zu beäugen!
Wie blind sind deutsche Medien auf dem rechten Auge?

Kanzlerin Merkel hat auch nichts gegen braunes Gedankengut einzuwenden:
Siehe nur ihren Fraktionschef - dieser sinngemäß: natürlich werden wir noch weitere
Flüchtlinge aufnehmen, sofern sie es bis hierher schaffen ...

Mir fällt auf, dass Linken-Politiker sich im Laufe ihres Lebens in der ehemaligen DDR
mit der Tatsache, dass die Politik in der DDR nicht unwesentlich in Moskau entschieden
wurde, wahrnehmbarer arangiert haben als andere. Und es darüber hinaus an eigentlich
nötigem Weitblick vermissen lassen. Mir fällt aber auch auf, dass es auf der anderen Seite
nicht selten sogar schlimmer ist. Hat Merkel auch nur ein einziges Mal was gegen z.B.
die Euro-Austrittsforderungen nicht weniger Angehöriger der schwarz/gelben Bundes-
regierung aeinerzeit gesagt ?? Wer schweigt stimmt doch gerade in Ausübung solch
wichtiger Ämter zu! Dabei war die tendenziell rechte Gesinnung vieler schwarz/gelber
Koalitionäre oft nicht überhören.
Noch schlimmer:
Merkel hat zu keiner Zeit auch nur ein geringes Interesse gezeigt, herauszufinden, ob
denn an den Vorwürfen von mir in Bezug auf den Göttingen-Aufenthalt von Wulff
vom 19.05.2009 was dran ist und ob sie es denn überhaupt verantworten kann,
einen für das Bundespräsidentenamt zu nominieren, der möglicherweise und
tatsächlich ein Verbrecher ist!

Noch mal die traurige, aber wichtige Frage:
Wieviel Medienschaffende gibt es in der Bundesrepublick Deutschland, die derart
auffallende Schwierigkeiten haben, Linken-Politiker bemüht objektiv zu beäugen?

Kaum bestreitbare Tatsache:
Die Bundesrepublick Deutschland wird seit Jahren von einer rechtskonservativen
Kanzlerin beherrscht.
Gut, dass bei Bündnis90/Die Grünen darüber sinniert wird, ob nicht jetzt der
angemessene Zeitpunkt ist, einen Misstrauensantrag gegen die rechtskonservative
Kanzlerin ins Parlament einzubringen. Weil Politikern dort bewußt geworden ist,
dass von der Linken in Thüringen was ungewönliches verlangt wurde und gleichzeitig
aber die Beobachtung der rechtskonservativen Kanzlerin zu sehr vernachlässigt wurde.
Mit herzlichen Grüßen Thomas Karnasch


Linkspartei kritisiert ZDF - Putins Versteher

Ukrainische Rebellentruppen mit SS-Symbolen: Das ZDF zeigte in einer kurzen Bildsequenz nationalistische Kämpfer. Die Linkspartei übt Kritik an einem angeblich einseitigen Journalismus.
© Hagmann, Roger Vergrößern Linke Belagerer: Klaus Ernst und Gesine Lötzsch 2011 in Erfurt
Die Linkspartei hat das ZDF auf dem Kieker. Und sie macht das gar nicht mal so ungeschickt. Was man Politikern anderer Parteien als skandalöse Einmischung ins Programm ankreiden würde, münzt die Linke in Kritik an einem angeblich einseitigen Journalismus um. Und fügt hinzu, dass sich der Sender mit dieser Kritik nicht einmal befassen wolle. Das zumindest war der Tenor eines Artikels im „Handelsblatt“, der von einem vermeintlichen Eklat im ZDF-Fernsehrat handelte. Dort nämlich habe sich der Chefredakteur Peter Frey über die kritischen Fragen der Linken-Abgeordneten Gesine Lötzsch zu einem Nachrichtenbeitrag des Senders pikiert gezeigt, in dem kurz nationalistische ukrainische Kämpfer aufgetaucht waren, auf deren Helmen SS-Zeichen prangten.
Gesine Lötzsch wiederum war verwundert über Freys Haltung. Das schrieb sie ihm dann nach der Sitzung in einem Brief. Der landete in der Presse, bevor der Chefredakteur ihr antworten konnte. So erhöht man den Druck. Frey hat inzwischen auf Gesine Lötzschs Brief geantwortet und sie darauf hingewiesen, dass er ihre Fragen im Fernsehrat weder kritisiert noch unbeantwortet gelassen habe. Zu der fraglichen Bildsequenz habe er in der Sitzung des Fernsehrats gesagt, dass es „sich um eine sehr kurze Bildsequenz gehandelt“ habe, „in der ein Reporter über eine ukrainische Rebellentruppe berichtet habe, die in der Tat SS-Symbole getragen habe. Dies sei im Bericht nicht besonders herausgehoben, aber angedeutet worden.“ Insofern habe er den „Vorgang in der Sitzung als vertretbar eingestuft“.
Zur weiteren Einordnung habe er „erwähnt, dass sich die Berichterstattung des ZDF immer wieder mit den Kräften des rechten Sektors in der Ukraine befasst und das politische und militärische Wirken dieser Gruppen immer wieder kritisch eingeordnet hat“. Tja, und wo ist nun der Eklat? Hätte das, worüber Lötzsch und Frey streiten, im Fernsehrat zu einem solchen geführt, hätte das doch auch den anderen 76 Mitgliedern des Aufsichtsgremiums auffallen müssen. Oder war es vielleicht gar nicht so, wie der Artikel über die Linke-Politikerin Lötzsch suggeriert?

Verschwörungstheoretisches Konvolut

Der Verlauf der Sitzung werde auf den Kopf gestellt, sagte der Fernsehratsvorsitzende Ruprecht Polenz (CDU): „Von einem ,Eklat im Fernsehrat‘ kann wirklich nicht die Rede sein. Nach der Beratung im Programmausschuss Chefredaktion, in der die Ukraine-Berichterstattung des ZDF positiv gewürdigt wurde, gab es im Plenum mit Frau Dr. Lötzsch eine einzige kritische Stimme. Ansonsten bestand im Fernsehrat Einmütigkeit, dass das ZDF seine Aufgabe, objektiv zu berichten und zu informieren, ausgezeichnet erfüllt hat.“
Die Fernsehratsmitglieder Christine Bergmann (SPD) und Franz Josef Jung (CDU) äußerten sich ähnlich. Nun könnte man immer noch denken: Ist doch klar, dass Vertreter der Parteien der großen Koalition die Sache anders sehen als die Frau von der Linken. Doch man muss sich einmal etwas genereller ansehen, wie die Linke den Journalismus sieht und was sie von ihm erwartet. Das geht etwa aus einer Anfrage von Abgeordneten der Linken an die Bundesregierung zur Berichterstattung deutscher Medien über die Ukraine vom April dieses Jahres vor.
Mehr zum Thema
Auch da ging es ums ZDF, dem die Linke Einseitigkeit in der Ukraine-Berichterstattung und - den Fragen nach - gemeinsame Sache mit transatlantischen Strippenzieherkreisen vorhält. Die Bundesregierung konnte zu dem verschwörungstheoretischen Konvolut und den Detailfragen, die ihr die Putin-Versteher vorlegten, wenig bis gar nichts sagen - weil sie für den Rundfunk nicht zuständig ist und der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der Bundesrepublik Deutschland eben nicht dem Staat unterworfen ist. Schon die Anfrage an sich zeigte, wes Geistes Kind man bei der Linken ist: Mit unabhängigem Journalismus, den man als Politiker im Zweifel nicht gängeln kann, hat man dort Probleme.

"Personelle Kontinuitäten nach 1945 in der Polizei"

Personelle Kontinuitäten nach 1945 in der Polizei (BKA)
Vortrag im Rahmen der Reihe "60 Jahre nach Kriegsende - Der lange Schatten des NS-Regimes und die deutsche Gesellschaft", Dienstag, 25.10.2005, Topographie des Terrors
Von Dieter Schenk
Guten Abend meine sehr verehrten Damen und Herren!
Nach einigen Anmerkungen zu meiner Person, möchte ich ihnen die braunen Wurzeln des Bundeskriminalamtes erläutern, die Reaktionen des BKA auf das Buch schildern und schließlich prüfen, ob die Nazivergangenheit des BKA eine Langzeitwirkung hatte, ob es Kontinuitäten gibt.
Von 1981 bis 1989 gehörte ich dem Amt, in der Stabsstelle Interpol, an. Ich war als so genannter Sicherheitsberater des Auswärtigen Amtes tätig und acht Jahre lang in der ganzen Welt unterwegs, in 65 Ländern, auf allen Kontinenten. Überwiegend handelte es sich dabei um Militärdiktaturen, Folterregime und Bürgerkriegsstaaten. Das war, wie gesagt in den achtziger Jahren. Leider ist, erkennbar an den ständig umfangreicher werdenden Berichten von Amnesty International, die Welt bis heute nicht besser geworden. Zu dieser Zeit galten Václav Havel oder Nelson Mandela, auch in den Augen mancher meiner Chefs, als Terroristen.
Auf eigenen Antrag schied ich dann aus dem BKA und aus dem Polizeiberuf aus. Mein Verhältnis zum BKA ist insbesondere an der Menschenrechtsfrage zerbrochen. Das möchte ich nur an einem einzigen Beispiel von vielen kurz illustrieren. Der damalige Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann (CSU) reiste nach Paraguay. Nach seiner Rückkehr gab er eine Pressekonferenz auf der er sagte: "Dies ist ein kleines schönes Land, fast eine Demokratie und von Menschenrechtsverletzungen hat mir niemand berichtet." Zwei Monate später hatte ich den Auftrag, die deutsche Botschaft in Paraguay zu überprüfen. Ich hatte immer auch die Sicherheitslage zu evaluieren und berichtete in meinem Gutachten von den Grausamkeiten des paraguayischen Geheimdienstes, der seine Opfer an den Daumen aufhängte. Meine Amtsleitung schlug die Hände über den Kopf zusammen und sagte, wie können sie so etwas schreiben, der Herr Minister hat doch etwas ganz anderes gesagt.
Etwa zu dieser Zeit hatte ich ein Gespräch mit dem Bundestagsabgeordneten der Grünen Otto Schily und bat ihn: "Helfen sie mir Herr Schily, wie komme ich aus dem BKA wieder raus". Er sagte zu mir: "Bleiben sie, es ist gut, dass es solche Leute im BKA gibt wie sie einer sind". Aber das reduziert sich letztlich auf die Frage des Leidensdruckes.
Ich habe drei Bücher über das BKA geschrieben, und ich bin mir bewusst, dass ich damit aus der Sicht des BKA ein Tabu verletzt habe.
Das erste Buch, emotional geschrieben und nicht frei von Polemik erschien 1990 unter dem Titel "BKA - die Reise nach Beirut". Es schildert meine eigenen Erfahrungen im und mit dem Amt in den achtziger Jahren. Es folgte 1998 die Biographie von Horst Herold, dem überragenden BKA-Präsidenten, vor dem Hintergrund der siebziger Jahre, der Zeit der RAF und der Terrorismusbekämpfung. In diesem Buch bemühte ich mich um strenge Sachlichkeit, und es fand hier und da auch Anerkennung im Bundeskriminalamt.
Schließlich erschien 2001 "Auf dem Rechten Auge blind - Die braunen Wurzeln des BKA", und damit waren meine Aktien im BKA erneut im Keller. Ich verstand das eigentlich nie, denn das heutige BKA ist ja nicht verantwortlich für das, was in den fünfziger und sechziger Jahren die damaligen Führungsleute zu verantworten hatten und für deren Vergangenheit in der Nazizeit. Von Letzterem erfuhr ich während meiner Tätigkeit im BKA in den acht Jahren nur sehr Diffuses. Ich wusste, es gab eine Gruppe von Führungsleuten, die wurden die "Charlottenburger" genannt, was damit zusammenhing, dass sie gemeinsam 1938/39 einen Kommissarlehrgang an der Schule der Sicherheitspolizei und des SD in Berlin-Charlottenburg absolviert hatten.
In dem Buch über Herold schrieb ich auch ein Kapitel über die "Charlottenburger", einer Seilschaft, die die Personalpolitik und die fachliche Zielsetzung bestimmte. Es war eine verschworene Gemeinschaft, die sich mit Intrigen, Vetternwirtschaft und einem autoritären Führungsstil in diesem Amt verbreitete und es beherrschte. Die Vaterfigur von ihnen war Paul Dickopf.
Nun versuchte ich in dieser Zeit an Akten heranzukommen und musste feststellen, dass der umfangreiche Dickopf-Nachlass durch das Bundeskriminalamt im Bundesarchiv in Koblenz für 25 Jahre gesperrt war. Ich stellte dann einen Antrag beim BKA, mir diese Akten zugänglich zu machen. Das wurde mit der Begründung abgelehnt, dies sei wahrscheinlich nicht im Sinne des Verstorbenen Herrn Dickopf. Das ist wohl wahr, aber es wäre im wohlverstandenen Interesse des Bundeskriminalamtes gewesen.
Als ich das Buch über die braunen Wurzeln des BKA zu schreiben begann, untersuchte ich die aus etwa 47 Leuten bestehende Führungsmannschaft und dachte so als Ausgangsthese, dass ein Teil von ihnen in der Zeit des Nationalsozialismus natürlich auch irgendetwas mit der Polizei zu tun gehabt hatte.
Das Ergebnis meiner Recherche hat sogar mich, der ich eigentlich auch von berufswegen einiges gewohnt bin was Verbrechen angeht, entsetzt. Denn ich hielt es nicht für möglich, dass Männer, die über zwei Jahrzehnte - also in den fünfziger und sechziger Jahren - die Innenpolitik der Bundesrepublik mit beeinflusst haben und die selbst Verbrechen bekämpfen sollten, in ihrer Person ebenfalls Verbrecher waren.
Welches waren nun die wesentlichen Ergebnisse, zu denen ich gekommen war?
Da gibt es einerseits die Rolle der Besatzungsmächte und des US-Geheimdienstes. Es ist sehr interessant zu erfahren, wie ein Einfluss von dort auf das zu errichtende BKA ausging und wie die Hand von den Alliierten, insbesondere den Amerikanern, schützend auch über Leute gehalten wurde, die einmal der SS angehörten. Es gelang mir die einzelnen Beziehungsgeflechte innerhalb des BKA und dessen Gruppierungen zu entschlüsseln. Dort waren Menschen, die sich gegenseitig die Posten zuschoben, sich gegenseitig schützten und natürlich auch gegenseitig beförderten. An ihrer Spitze stand das Triumvirat Paul Dickopf, Rolf Holle und Bernhard Niggemeyer.
Wichtig ist auch das Verhalten des Innenministeriums und der Innenminister, denn sie haben die alten Nazis im Bundeskriminalamt gedeckt. Sie kaschierten durch Alibimaßnahmen ihre Laufbahnen, sobald diese irgendwann bekannt wurden. So eröffnete man zum Beispiel nur vorübergehend ein Disziplinarverfahren und stellte es, nach dem es ruhiger um die betreffende Person geworden war, wieder ein. In ganz heftigen Fällen, wurde jemand für einige Monate zum Statistischen Bundesamt abgeordnet, um die Person aus dem Schussfeld zu nehmen.
Schließlich ist es mir auch gelungen, die Kontinuitäten nicht nur in den Personen, sondern auch in der Sache herauszufinden. Es war schon erstaunlich, dass eine ganz nahe Verwandtschaft in der Organisation, zwischen dem ehemaligen Reichskriminalpolizeiamt, das eine Abteilung des Reichssicherheitsamtes war, und dem neu geschaffenen Bundeskriminalamt bestand. Wenn man die Organisationspläne beider Dienststellen nebeneinander legt, dann wird man verblüffende Ähnlichkeiten feststellen.
So war es auch hinsichtlich der Arbeitsweisen. Ich wunderte mich, wie man in der Nachkriegszeit, als das BKA im Werden war, innerhalb von manchmal wenigen Monaten Konzepte aufgestellte - über polizeiliche Spezialgebiete, wie die Bekämpfung der Drogen, des Falschgeldes oder über Meldedienst und Fahndung. Bei der Überprüfung der Vorschriftensammlung des Reichskriminalpolizeiamtes merkte ich, dass das alles von früher abgeschrieben worden war. Man säuberte es nur von der Ideologie und hatte alles, was nazitypisch war, daraus entfernt.
Aber das war nicht nur ein Phänomen des Bundeskriminalamtes alleine. Auch hochrangige Kriminalisten in fast allen Bundesländern, denen im Nachkriegsdeutschland eine Meinungsführerschaft zukam, waren auf ähnliche Weise belastet - so zum Beispiel der Leiter des Landeskriminalamtes in Koblenz Georg Heuser. Er hatte von 1941 bis 1944 als Leiter der Gestapo in Minsk mindesten 30.000 Menschen ermorden lassen. 1961 wurde er vom Schwurgericht Koblenz zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. In Nordrhein-Westfalen gab es 50 bis 60 höhere Kriminalbeamte, die alle eine SS-Vergangenheit hatten, so die Kripochefs von Aachen, Bonn, Gelsenkirchen, Krefeld, Mönchengladbach, Köln, Essen und Mühlheim/Ruhr. In der Presse war seinerzeit zu lesen, dass Innenministerium von Nordrhein-Westfalen möchte doch dafür sorgen, dass die regelmäßigen
Dienstversammlungen der Großstadt-Kriminalpolizei nicht zu SS-Kameradschaftstreffen verkommen.
Ich möchte nun einige Einzelheiten zu diesem Triumvirat Dickopf, Holle und Niggemeyer sagen.
Paul Dickopf war eine schillernde Persönlichkeit, eine Spielernatur, die Talent im Tarnen und Täuschen besaß. Nach dem Lehrgang in Berlin-Charlottenburg wurde er als Kriminalkommissar und SS-Untersturmführer zur Abwehrstelle Stuttgart versetzt. Dass das kein automatischer Angleichungsdienstgrad war, dafür spricht unter anderem seine Personalakte, nach der er selbst den Antrag gestellt hatte, in die SS aufgenommen zu werden. Schließlich wurde er im Juli 1942 im Auftrag der Canaris-Zentrale in die Schweiz geschickt um dort unterzutauchen und als Doppelagent Fuß zu fassen. Er war dann als Informant für den schweizerischen Geheimdienst tätig, hatte diesen aber auch ausgeforscht und seine Berichte über die Vatikanbotschaft in Rom nach Berlin weitergeleitet. Dem schweizerischen Geheimdienst wurde das irgendwann sehr dubios und so nahm man ihn dann auch für mehrere Monate in Haft.
Anfang Januar 1945, als tatsächlich kein Zweifel mehr am Ausgang des Krieges bestand, setzte sich Dickopf in der US-Gesandtschaft in Bern mit der Zentrale des OSS - Office of Strategic Services, dem Vorläufer des CIA, in Verbindung. Dort galt er sehr schnell als ein Kenner der Kriminalpolizei, aber auch des SD und der Gestapo. Er fing an darüber Berichte zu schreiben und erlangte auf diese Art das Vertrauen der Amerikaner. In der Nachkriegszeit gab er sich als Widerstandskämpfer aus. Insbesondere bei seinen Kollegen im Bundeskriminalamt vertrat er das so glaubhaft, dass man ihm das auch abnahm.
1947 kehrte er nach Deutschland zurück und wurde ein Agent des CIA. Ich sage das nicht einfach so locker dahin, ohne das verantworten zu können. Unter anderem konnte ich die Akten des Schweizer Bundesarchivs in Bern genau prüfen und erhielt auch über seinen Agentenführer Tom Polgar eine Menge Informationen. Dieser Mann war Residenturleiter auf der ganzen Welt, unter anderem in Vietnam und zum Schluss auch für mehrere Jahre oberster Sicherheitschef der amerikanischen Botschaft in Bonn.
Dickopf schrieb 15 Agentenberichte unter einer Agentennummer, die alle erhalten sind, weil er die Eigenschaft besaß, nichts wegzuwerfen und jeden Schnipsel Notiz aufzuheben. Dies war für mein Buch natürlich von großer Bedeutung. Aber wie banal das Geheimdienstgeschäft in der Realität nun eben manchmal ist; seine Agentennummer entsprach seinem Geburtsdatum.
Am 15. Mai 1950 wurde er in das Bundesinnenministerium zur Berufung als Vizepräsident des BKA einbestellt dessen Präsident er in der Zeit von 1965 bis 1971 war. Anschließend hatte er noch bis 1972 die Präsidentschaft von Interpol inne. 1973 ist er verstorben.
Dickopf galt als sehr unbeliebt und nachtragend. Man sagt, er hatte ein Gedächtnis wie ein Elefant. Wer irgendwann mal bei ihm in Ungnade fiel, bekam keinen Fuß mehr auf den Boden - dafür gibt es auch Beispiele. Er war ungerecht und betrieb eine intrigante Personalpolitik und förderte natürlich die alten Kameraden.
Jedenfalls ist es doch schon erstaunlich und hat so etwas von einem Schurkenstück, dass die verbrecherische CIA ihren Mann an einflussreicher Stelle im Bundeskriminalamt platzieren und später auch innerhalb der Interpol-Organisation unterbringen konnte. Ob Dickopf nach 1951 - da enden seine Berichte für die CIA - weiter für diesen Geheimdienst arbeitete, ist bisher nicht feststellbar, weil diese Akten in Amerika noch unter Verschluss sind. Aber die ganze Entwicklung spricht natürlich auch nicht für die Souveränität der jungen Bundesrepublik.
Nun einige Worte zu dem zweiten Mann, Rolf Holle.
Bereits 1930 - also noch vor der Machtübernahme - trat er zunächst dem SS-Schülerbund und später der Hitlerjugend bei. Ab 1933 war er in der Standarte Leipzig der SA, ab 1937 offizielles Mitglied der NSDAP und schließlich 1939 SS-Hauptsturmführer. Er bewarb sich dann für den Einsatz im polizeilichen Kolonialdienst und wurde dafür in Rom ausgebildet.
In der Personalakte der damaligen Zeit findet sich ein Formular, in dem die betreffenden Herren gebeten waren, in einer Rubrik aufzuschreiben, wo sie sich ihre weitere Verwendung vorstellten. Herr Holle schrieb dort, er möchte entweder in Deutsch-Südwest-Afrika oder in der Südsee eingesetzt werden. Daraus kann man erkennen, dass er die Weltmachtansprüche des damaligen Regimes in der Tat sehr verinnerlicht hatte. Vielleicht hoffte er dann Gauleiter auf Samoa zu sein, mit einem KZ in Tonga.
Dickopf und Holle schrieben 1971 eine Broschüre mit dem Titel "Das Bundeskriminalamt", in der sie die Sicherheitspolizei der Jahre 1937 bis 1945, als das Nonplusultra der fachlichen Kompetenz und auch der Organisation darstellten. Den begangenen Verbrechen haben sie mit keiner Zeile irgendeine Aufmerksamkeit gewidmet, geschweige denn einen Satz des Bedauerns, der Reue oder der Trauer geäußert.
Dr. Bernhard Niggemeyer gründete das Kriminalistische Institut des Bundeskriminalamtes und war innerhalb der Behörde sehr bekannt und auch beliebt. Er veranstaltete und moderierte die internationalen BKA-Herbsttagungen, die in ganz Europa und darüber hinaus einen unheimlich guten Ruf besaßen. In der Nazizeit war er SS-Sturmbannführer und leitender Feldpolizeidirektor der Heeresgruppe Mitte in Russland. In ehemaligen DDR-Archiven fand ich Unterlagen, die seine eigene Tätigkeit in der NS-Zeit entlarven - nämlich seine eigenen Berichte. Danach war er ein ehrgeiziger SS-Sturmbannführer in entscheidender Kommandostelle.
Diese Berichte enthalten unter anderem Statistiken über fünf Monate aus dem Jahre 1944. Demnach wurden 675 Menschen exekutiert, 32 auf der Flucht erschossen, 1047 den Einsatzgruppen des SD ausgeliefert, was einem Todesurteil gleichkam, und 1556 an Kriegsgefangenenlagern überstellt, was meistens auch mit dem Tod endete. Nach dem Krieg waren gegen ihn auch einige Verfahren anhängig. Allerdings wies er mit unwahrscheinlich frecher Arroganz jeden Verdacht von sich und blockte alle Ermittlungen auf erstaunliche Art und Weise ab. Es kamen mal zwei Staatsanwälte, die Mitarbeiter von ihm vernehmen wollten. Denen verwies er als Abteilungsleiter quasi die Tür, so dass sie zur Amtsleitung gegen mussten, um die beiden anderen Beamten als Zeugen überhaupt vernehmen zu können.
Unglaublich, aber wahr ist, dass leitende Führungskräfte aus dem Reichskriminalpolizeiamt direkt in das Bundeskriminalamt wechselten. So der Chefbiologe des RKPA, Dr. Martin, der die gleiche Position im Bundeskriminalamt bekam und der Cheffahnder Kurt Amend, der Abteilungsleiter Fahndung im Bundeskriminalamt wurde. Und auch die Leiter in der Nazizentrale für Fingerabdrucksammlungswesen, Heinz Drescher, der Urkundenabteilung, Rudolf Mally und der Cheftechniker Heinrich Becker erhielten die gleichen Positionen im BKA.
Erwähnen möchte ich noch den Kriminalrat in der Sicherungsgruppe des Bundeskriminalamtes, Theo Saevecke, der Einsatzleiter in der Spiegelaffäre war. Er wurde in der NS-Zeit Henker von Mailand genannt, denn er ließ als SS-Hauptsturmführer und Sicherheitschef dieser norditalienischen Stadt aus Rache am 10. August 1944 fünfzehn Geisel erschießen. Trotz eindeutiger Aktenlage stellte das Bundesinnenministerium zwei Disziplinarverfahren gegen ihn ein und Innenminister Hermann Höcherl nahm ihn in einer Fragestunde des Bundestages in Schutz. Saevecke wurde in Mailand, in Abwesenheit, zu Lebenslänglich verurteilt. Er konnte aber nach dem Recht der 1990er Jahre, als Deutscher aus Deutschland, nicht ausgeliefert werden und ist vor ein paar Jahren verstorben. Wie alle, war er bis zuletzt Pensionär, der im Gegensatz zu den vielen Opfern soweit sie überlebten, gut von seiner Pension leben konnte.
Zusammenfassend möchte ich zu diesem Komplex sagen, dass das Bundeskriminalamt, laut meiner Untersuchungen, von Nazitätern aufgebaut wurde. Eine Tatsache, die eigentlich schwer zu begreifen ist.
Bis auf zwei, hatten 1959 alle BKA-Beamte des leitenden Dienstes, der insgesamt 47 Leute umfasste, eine braune Weste, waren also mindestens auch Angehörige der Partei. Auch wenn das für sich noch nichts sagt, so ist es doch für das rechtsstaatliche Selbstverständnis des Bundeskriminalamtes, rückblickend betrachtet, eine moralische Katastrophe. Fast die Hälfte dieser 47 BKA-Chefs waren NS-Verbrecher "im kriminologischen Sinne". Ich mache die Einschränkung "im kriminologischem Sinne", weil sie ja nie bestraft wurden. Fünf von ihnen waren Schreibtischtäter des Reichskriminalpolizeiamtes, die mitwirkten, unzählige Homosexuelle, "Zigeuner", "Asoziale" und so genannte Berufs- und Gewohnheitsverbrecher nach damaliger Lesart in Konzentrationslager einzuweisen, und sie damit einem fast sicheren Tod auszuliefern. Fünfzehn BKA-Führer waren Mitglieder von Einsatzgruppen in Polen und als Vorgesetzte an der Vernichtung der polnischen Intelligenz, oder als Angehörige der Einsatzkommandos und Polizeibataillon in der besetzten UdSSR, am Völkermord beteiligt. Andere befehligten die Geheime Feldpolizei.
Nicht nur Niggermeyer bildete eine Seilschaft mit ehemaligen Mitarbeitern, die verantwortlich in der Partisanenbekämpfung oder im Ermorden von politischen Kommissaren waren. Auch wenn nur ein ganz fragwürdiger Verdacht vorlag, was ja häufig der Fall war, wurde immer erst geschossen und dann geprüft. Wenn ein Dorf irgendwo in Russland im Verdacht stand Partisanen zu unterstützen, dann scheute man sich nicht, alle männlichen Mitglieder dieser Dorfgemeinschaft einfach zu erschießen oder auch das Dorf anzuzünden. Es waren also ganz schreckliche Dinge, die dort passierten.
Einige BKA-Vorgesetzte legten bei Exekutionen selbst Hand an oder sie waren Einsatzführer an der Grube - Formulierungen, die alle Zeugenvernehmungen entnommen sind. Die erbarmungswürdigen Opfer waren auch Frauen und Kinder. Zwei BKA-Führer gehörten Standgerichten und SS-Gerichten an.
In der Fachliteratur wird häufig behauptet, dass wenigstens Gestapomitarbeiter in der Nachkriegszeit keine Change hatten in der Polizei Fuß zu fassen. Auch das ist so nicht richtig, denn annähernd jeder Dritte des von mir geschilderten Personenkreises war Angehöriger der Gestapo.
Nur zwei dieser BKA-Führer wurden überhaupt verurteilt - und zwar im Ausland. Alle anderen blieben straflos, überstanden auch schadlos disziplinarische Überprüfungen und gingen als Räte oder Direktoren in allen Ehren in Pension. Meistens wurden sie kurz vorher noch einmal befördert.
Zieht man eine Bilanz, dann gelten die alten Nazis in der Polizei bis heute als rehabilitiert. Sie zeigten weder Mitleid noch schwörten sie ihre Gesinnung ab. Sie zeigten vielmehr ein Wagenburgverhalten, hatten sich gegenseitig unterstützt und beschützt. Nie redeten sie über ihre Vergangenheit nach außen und wenn Verfahren anhängig waren, gab es nur ganz wenige Fälle, wo sie Angaben über andere Personen machten.
Man muss sich fragen, wie konnten sie in diese Ämter kommen.
Das lag einerseits an der Person des Paul Dickopfs. Eigentlich wollte er gleich zu Anfang schon gerne BKA-Präsident werden. Das war aber den Amerikanern - wegen seines SS-Dienstgrades - doch etwas zu heikel und er bekam die Personalabteilung und auch die Personalhoheit übertragen. In der ersten Ausbaustufen waren damals 152 Stellen zu besetzen. Auf diese Stellen bewarben sich 8000 Leute, die alle aus dem Bereich der ehemaligen Sicherheitspolizei, das heißt ehemaligen Kriminalpolizei, der Gestapo und des SDs, kamen. Unter dem Einfluss des Herrn Dickopf entschied das Bundesinnenministerium, keine Ausschreibungen zu machen, da man ja genügend Fachleute hatte.
In dieser Anfangsphase und auch in den weiteren Jahren traf Dickopf die Personalauswahl, so dass man auch sagen kann, dass das BKA eine Versorgungsanstalt für diese Leute war.
Eine gewisse Rolle spielten die Alliierten, die in den Jahren 1946 bis 1949 durchaus andere Vorstellungen hatten und auch Einfluss nahmen auf die Personalpolitik. Aber nach und nach verblasste ihr Interesse. Das hing mit der politischen Entwicklung, mit dem Kalten Krieg und der veränderten großpolitischen Lage zusammen. So kam man auch auf alliierter Seite immer mehr zu dem Ergebnis, dass man eigentlich gegen SS-Angehörige im BKA keine Bedenken mehr haben musste. Der Feind lag wieder im Osten und die Experten - insbesondere die der Sicherungsgruppe - hatten ja dieses Feindbild schon eh und je und wurden jetzt neu gebraucht.
Die Ministerialbürokratie war in ähnlicher Weise vorbelastet. So hatten zum Beispiel 1950 mehr als ein viertel aller Abteilungsleiter bereits Karrieren in der NS-Zeit hinter sich - 1953 waren es 60 Prozent. 42 Prozent aller Planstellen im Bundesinnenministerium waren mit Leuten besetzt, die auch schon in der NS-Zeit Funktionen ähnlicher Art innehatten. Über die Justiz ist bekannt, dass sie fast geschlossen übernommen wurde. Und in der Bevölkerung bestand eine Schlussstrichmentalität, die der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer 1952 in einer Bundestagsrede mit den Worten auf den Punkt brachte, "wir sollten jetzt mit der Naziriecherei Schluss machen".
Und die "Betroffenen" selbst? Sie wurden entnazifiziert. Überwiegend wurden sie, auch, dank der Persilscheine, die alle diese Betroffenen sich gegenseitig ausstellten, in die Klasse Fünf entlastet. Hier und da wurden einige von ihnen auch in Klasse Vier, Mitläufer, eingestuft. Ihre Reaktion war Wehleidigkeit und Trotz, an Stelle von Reue und Einsicht. Und sie trugen diese Entnazifizierung wie ein Schutzschild vor sich her, fühlten sich damit rehabilitiert. Ja, sie stellten sich sogar als Opfer von Verleumdungskampagnen dar.
Bis Anfang der siebziger Jahre waren die meisten Altkriminalisten, wie sie sich selber nannten, in den Ruhestand gegangen. Nach dem Ausscheiden von Paul Dickopf, begann 1971, mit der Präsidentschaft von Horst Herold, eine neue Ära. Doch bis heute ist die Nazigeschichte des Amtes ein Tabu. Bei dem Festakt "50 Jahre BKA" im Jahre 2001 fiel kein Wort über die Schatten der Vergangenheit des Bundeskriminalamtes.
Ich möchte jetzt ihnen kurz berichten, wie das BKA auf mein Buch reagiert hat.
Das läßt sich relativ schnell erzählen. Meine Ausgangsthese war eigentlich, dass, obwohl das Bundeskriminalamt über dieses Projekt nicht erfreut war, es aber dem Zeitgeist entsprach, das man es bestimmt nicht unterlässt, mich dabei zu unterstützen. Mit dieser Annahme beantragte ich dann im April 2000, persönlich beim Bundesinnenminister Herrn Schily, die Akteneinsicht für das Bundeskriminalamt und für das Bundesinnenministerium. Dies hatte - und das muss ich lobend hervorheben - Herr Schily, ohne Umstände und wenn und aber, genehmigt.
Es verging dann über ein Jahr, ohne dass mir im Bundeskriminalamt irgendwelche Akten gezeigt wurden. Man täuschte zwar guten Willen vor, aber blockierte zugleich das Vorhaben mit juristischen Spitzfindigkeiten des Datenschutzes und Beamtenrechts, insbesondere weil damit Personalvorgänge verbunden waren. Obwohl ich mitteilte, dass ich bereits hunderte von Personalvorgänge in den Akten des Bundesinnenministeriums, also der vorgesetzten Behörde, einsehen konnte und somit die Einwände der nachgeordneten Behörde eigentlich unbegründet waren, kam ich nicht weiter und sah mein Projekt auch schon als gefährdet an. Als ich dann aber merkte, dass ich im Bundesarchiv und den Landesarchiven, in den Archiven in Polen und der Schweiz, Material über diesen Personenkreis in Hülle und Fülle fand, konnte ich guten Gewissens diese Buch schreiben ohne je ein Blatt Papier des Bundeskriminalamtes gesehen zu haben.
Das BKA verweigerte jede Stellungnahme zu dem Buch, was auch den Unmut der Medien hervorrief. Vier Wochen nach erscheinen des Buches erhielt ich dann die Genehmigung auf Einsicht in sogenannte Restpersonalakten, die das BKA inzwischen an das Bundesarchiv in Koblenz abgegeben hatte. Die schaute ich mir natürlich an und es erstaunte mich nicht, dass in diesen Akten nichts enthalten war, was über den Inhalt meines Buches hinausging.
Der damalige BKA-Präsident, Dr. Kersten, lud mich zwei Monate vor erscheinen des Buches zu einem Gespräch ein. Bei dieser Gelegenheit schlug ich ihm am Beispiel der Max-Planck-Gesellschaft vor, er möchte sich doch vor Erscheinen dieses Buches, auch offiziell seitens des Amtes von diesen Leuten und von dieser Zeit distanzieren und wenigstens sein Bedauern bekunden. Er muss mich total missverstanden und sich wohl persönlich angegriffen gefühlt haben, denn seine Antwort lautete: Das habe ich nicht nötig, schließlich bin ich Jahrgang 1944. Im Bundeskriminalamt wurde dann kolportiert, dass dem Schenk einer durch die Lappen gegangen sei, nämlich Heinrich Bergmann.
Ich erzähle das ganz kurz, weil ich es für bedeutungsvoll halte, dass dort noch im Jahre 2001, so ein Mann namentlich mit seinem Hintergrund bekannt war. Bergmann war Kriminalkommissar und SS-Obersturmführer, Vertreter des Gestapochefs beim Kommandeur der Sicherheitspolizei in Reval (heute Tallinn, Estland). Aus dem Jahre 1942 sind zahlreiche von
ihm persönlich unterschriebene Anordnungen zur Sonderbehandlung, dass war die Umschreibung für Exekution, dokumentiert. Er organisierte Massenexekutionen und war mitverantwortlich bei der Ermordung von 234 "Zigeunern", deren Namenslisten sich in den Akten befindet. 1962 wurde er im BKA pensioniert und 1968 durch die Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht in Kassel in U-Haft genommen. Allerdings wurde das Verfahren wegen angeblichen Befehlsnotstandes eingestellt. Durch ein Archivversehen war Heinrich Bergmann in der Tat durch mein Raster gefallen.
In der Zeit des Erscheinens meines Buches gab eine Kleine Anfrage im Bundestag mit der Frage, ob die Behauptungen des Buches stimmen würden, und, wenn ja, wie die Bundesregierung zu dieser Vergangenheit des BKA steht und ob sie sich davon distanziert. Diese Anfrage hatte die PDS-Fraktion gestellt, woraufhin mir zum Vorwurf gemacht wurde, warum es denn ausgerechnet die PDS sein musste, die eine solche Anfrage im Bundestag stellt. Ich kann dazu nur antworten, dass erstens nur die PDS und nicht ich etwas damit zu tun hatte und zweitens das sie eine demokratisch gewählte Partei ist, die das Recht hatte, diese Anfrage zu stellen. Die Antworten darauf waren sehr wenig greifbar - sie gipfelte aber in der Aussage, dass Bundeskriminalamt wurde 1951 gegründet und hat deswegen keine nationalsozialistische Vergangenheit.
Ich bin nicht der Auffassung, dass heute noch im BKA der Geist alter Nazis weht. Vielmehr verhinderte aber bis jetzt ein Korpsgeist die innere Demokratie und eine Aufklärung. Sich schützend und undifferenziert vor solche Mitarbeiter zu stellen ist typisch für die Polizei, geschieht aber, aus meiner Sicht, mit einer zu verurteilenden Loyalität und ist eine andere Variante der Mauer des Schweigens, wie sie auch von den Tätern praktiziert wurde.
Durch gewerkschaftlichen Druck wurde im Jahre 2002 innerhalb des BKA beschlossen, dass externe Wissenschaftler die BKA-Historie erforschen sollten. Als ich zwei Jahre später nachfragte, hieß es inoffiziell aus der Behörde, wir haben inzwischen wichtigeres zu tun. Soweit zunächst zu den Reaktionen des Bundeskriminalamtes.
Ich komme jetzt zu dem letzten Teil meiner Ausführungen. Darin prüfe ich, in wie weit es Kontinuitäten im autoritären Führungsstil, im Bereich Interpol, bei den internationalen Beziehungen, bei der polizeilichen Entwicklungshilfe und auch bei der Verharmlosung und der Halbherzigkeit bei der Bekämpfung rechtsradikaler Gewalt gibt.
Ich muss natürlich betonen, dass alle Feststellungen im ersten Teil meiner Ausführungen, auf Fakten, Archivmaterial und sehr sehr vielen Fußnoten beruhen, die das im Einzelnen beweisen. Was ich jetzt sage, das sind Bewertungen, so dass man auch anderer Auffassung darüber sein kann.
Zunächst der Führungsbereich. Dickopf und die "Charlottenburger" behielten ihr Herrschaftswissen für sich. Sie behandelten Untergebene arrogant, schoben sich gegenseitig Posten zu und schirmten sich ab. Auf fatale Weise vererbte sich dieser autoritäre Führungsstil weiter. Auch ich erlebte ihn noch so.
Um nur ein Beispiel zu nennen: Die wöchentliche Abteilungsleiterbesprechung im Bundeskriminalamt wurde stets jeweils mit den einzelnen Tagesordnungspunkten in einem Umlauf angekündigt. Ich bat dann einmal meinen Vorgesetzten, er möge mir doch auch das Ergebnisprotokoll geben, um zu wissen, mit welchem Inhalt diese Punkte besprochen wurden. Ich interessierte mich einfach dafür, was im Hause gerade wichtig war und bearbeitet wurde. Mein Vorgesetzter antwortete, ich entscheide, was sie wissen müssen. Das war also der Geist, wie ich ihn noch antraf, ein eklatant falsches Führungsverhalten, das, so glaube ich auch, symptomatisch war. Es gab keine Transparenz in den Entscheidungswegen und bei der Entscheidungsfindung, keine Information von oben nach unten und keine ausreichende Beteiligung von Personal- und Berufsvertretungen.
Anfang der neunziger Jahre gab es auf Initiative der Amtsleitung eine repräsentative anonyme Mitarbeiterbefragung im BKA. Sie war in der Tat eine Ohrfeige für die Amtsleitung, denn die Ergebnisse waren so erschreckend, wie es sich eine Behörde eigentlich nicht erlauben kann. Heraus kam, dass 1/5 der Befragten quasi die innere Kündigung ausgesprochen hatte und sich von ihrem Arbeitgeber distanzierten. Ich nenne nur ein paar Daten daraus:
Wie beurteilen sie das Betriebsklima in ihrer Organisation?
Schlecht, sehr schlecht, 20,2 %.
Sind ihnen so weit wie möglich, selbstständige Aufgaben, Entscheidungsbefugnisse und Verantwortung übertragen worden?
Selten oder nie, 18,9%.
Beachtet ihr unmittelbarer Vorgesetzter ihre Meinung bei wichtigen Entscheidungen?
Selten oder nie, 24,8%.
Fühlen sie sich über die wesentlichen Dinge, die ihre Arbeit betreffen, von ihrem Vorgesetzten ausreichend informiert?
Immer die gleichen Prozentzahlen.
Unterstützt sie ihr Vorgesetzter bei Schwierigkeiten in ihrer Arbeit? Interessiert sich der Vorgesetzte überhaupt über die Ergebnisse ihre Arbeit?
Nein, 22,7%.
Und der Gipfel war: Fühlen sie sich über wesentliche Dinge im Amt ausreichend informiert?
Selten oder nie, 39,4%.
Kommen wir kurz zu den internationalen polizeilichen Beziehungen.
Ich kritisiere die mangelnde Distanz des BKA zu Unrechtsstaaten. Die vorherrschende Geisteshaltung, wie ich sie antraf und wie sie eigentlich auch von mir erwartet wurde, lautete: Die weltweite Zusammenarbeit muss funktionieren. Wir als Bundeskriminalamt haben die Verhältnisse in anderen Staaten weder verschuldet, noch zu verantworten, noch können wir sie ändern.
Über meinen Schreibtisch gingen seinerzeit die Dienstreiseberichte alle BKA-Beamten soweit sie im Ausland waren. Manchmal waren sie zeitgleich mit mir in demselben Land und ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, das ich in einem anderen Land war. Natürlich kann man die Augen total verschließen. Man kann in einem Land die Gastfreundschaft der dortigen Polizei genießen. Man kann sich an den Swimmingpool legen und die Kollegen dort ein Ermittlungsergebnis auf ihre Art und Weise erzielen lassen. Man kann aber das Unrecht, dass in vielen Länder passiert einfach gar nicht übersehen. Davon stand aber in solchen Berichten nichts drin.
Es verwundert deshalb auch nicht, dass der Vizepräsident des Bundeskriminalamtes mir schriftlich verboten hatte, Amnesty International zu zitieren. Das hängt damit zusammen, dass Folter in der Polizei ein Nonwort ist. Es ist tabuisiert, es fällt auf keiner Interpolkonferenz, es steht auch in keinem Polizeibericht.
In der Interpolorganisation sind 172 Mitgliedsstaaten
organisiert. In über 150 Ländern werden die Menschenrechte verletzt und davon auf eklatanter Weise durch Folter und Misshandlungen in 70 Prozent. Interpol ist also alles andere als eine honorige Gesellschaft. Deutschland gehört zu den sechs Hauptbeitragszahlern und ist einer der größten Nutzer. Einer der wichtigsten Organe von Interpol ist das, aus acht Mitgliedern bestehende Exekutivkomitee. Es ist ein Entscheidungsgremium, das jeweils zwischen den beiden Jahreshauptversammlungen tagt. Der Vorgänger des jetzigen BKA-Präsidenten, Dr. Ulrich Kersten, saß an einem Tisch mit den Vertretern aus Südkorea, China und dem Sudan, die auch in dieses Exekutivkomitee gewählt wurden. Da stellt sich also erneut die Frage, warum interessiert es den BKA-Präsidenten nicht, mit wem er da an einem Tisch sitzt - mit Herren, die ja Verantwortung tragen, für das, was sich im Sudan, in China oder in Südkorea - man brauch nur wieder den Amnesty-Jahresbericht durchzulesen - ereignet.
Ich bin jedenfalls der Ansicht, dass als Bedingung für die Mitgliedschaft in der Interpol-Organisation ein Mindeststandard der Beachtung von Menschenrechte gestellt werden müsste. Folterregime sind generell aus dieser Gemeinschaft auszuschließen und haben dort nichts zu suchen, jedenfalls solange sie als solche aktiv sind.
Einige Sätze zur polizeilichen Entwicklungshilfe.
Ich traf sie bei meinen Reisen an vielen Stellen an, obwohl ich nicht unmittelbar etwas damit zu tun hatte. Es ist festzustellen, dass die Ausstattungs- und Ausbildungshilfe Folterregime in die Lage versetzt noch effizienter ihr schmutziges Handwerk zu erledigen.
Einige Erfahrungen habe ich selber gemacht. Zum Beispiel richtete das Bundeskriminalamt in Mogadischu ein Kriminallabor ein. Einige Jahre danach kam ich nach Mogadischu und hatte mir dieses Labor zeigen lassen. Auf den Gerätschaften lag fingerdicker Staub. Mit anderen Worten: Das was man dort, um einem wissenschaftlichen sachlichen Beweis zu führen, um Straftaten aufzuklären, was man glaubte diesem Land Gutes zu tun, spielte dort nie eine Rolle. Man arbeitete einfach weiter mit der Methode, die man immer anwandte, in dem man die Ermittlungsergebnisse durch Schläge und Schlimmeres erzielte.
Allerdings die Gerätschaften, die auch geliefert worden waren, um Menschen zu registrieren oder um sie zu observieren, die waren sehr wohl in Benutzung. Als ich dort war, fanden jeden Samstag auf dem zentralen Platz vom Mogadischu offene Hinrichtungen von Verbrechern, oft auch politischen Gegnern, statt. Dies war dort eine Volksbelustigung, zu der tausende von Leuten hingingen.
Ein anderes Extrem ist zum Beispiel Guatemala. Dort hin wurden 50 Mercedes-Geländewagen und 50 BMW-Motorräder geliefert - mit dem Ergebnis, dass aus diesen Fahrzeugen Straßenkinder, die eine Apfelsine stahlen und wegliefen, erschossen wurden. Auf diese Art verwendete man also diese Einsatzmittel. Wie überhaupt generell, die Bekämpfung des politischen Gegners im Fadenkreuz eben dieser Regime steht.
Ich plädiere prinzipiell dafür, dass jegliche Form der polizeilichen Entwicklungshilfe, mit wenigen Ausnahmen, einzustellen ist. Das, was momentan für Afghanistan geleistet wird, würde ich als durchaus positive Ausnahme betrachten.
Ein letzter Punkt: Ist das BKA auf dem Rechten Auge blind?
Ich meine ja, wenn man die halbherzige Bekämpfung des Rechtsradikalismus beurteilt. Der Begriff Rechtsterrorismus wird eigentlich bei der Polizei vermieden - man spricht vom Linksterrorismus und vom Rechtsradikalismus. Über Jahrzehnte setzte das Bundeskriminalamt 30 Bedienstete im Kampf gegen Rechts und 300 im Kampf gegen Links ein. Jahrelang wurde die rechtsextreme Gewalt verharmlost und die Opferzahlen kleingeredet, wie eine Untersuchung der Frankfurter Rundschau gemeinsam mit dem Berliner Tagesspiegel ergab. 93 Fälle mit Todesfolge über einige Jahre lang wurden dokumentiert.
Der Polizei waren diese Fälle sehr wohl bekannt, aber der rechtsradikale oder rechtsterroristische Hintergrund wurde in keiner Weise berücksichtigt. Am Besten kann man es auch an Hand der Planstellenpolitik des Bundeskriminalamtes belegen. Wenn man die eingesetzte Manpower in Bezug setzt zu den Straftaten von Rechts oder Straftaten von Links, dann sah das in den Jahren 1991 bis 1994 so aus, dass 16 Mal so viele Beamte eingesetzt wurden, wenn es sich um Straftaten von der linken Seite handelte. In den Jahren 1994 bis 2000 waren es noch 6 Mal so viele, und seit April 2000 ungefähr doppelt so viele.
In den letzten Jahren haben sich die Koordinaten dieses Fadenkreuzes allerdings verschoben, weil immer mehr der islamisch-fundamentalistische Terrorismus in den Vordergrund gerückt ist. Deswegen kann ich das nicht mehr verbindlich für heute so behaupten.
Aber mindestens drängt sich doch das Risiko auf, das der Rechtsextremismus dadurch auch an Aufmerksamkeit verliert und vernachlässigt wird.
Ich möchte mit einem positiven Ausblick meine Ausführungen beschließen. Vorige Woche wurde ich aus Anlass des heutigen Vortrages, durch den Präsidenten
des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, zu einem Gespräch eingeladen. Der BKA-Chef machte mir deutlich, dass er offensiv mit der NS-Vergangenheit des Amtes umzugehen gedenkt und das er dies auch gegenüber der Öffentlichkeit zu tun beabsichtigt, sobald er das mit dem neuen Innenminister abgestimmt hat. Ferner will er auch die BKA-Historie durch externe Wissenschaftler auf der Basis schon vorhandener Pläne ausarbeiten und erforschen lassen, und es ist ihm wichtig, das der BKA-Nachwuchs davon erfährt, wie die Altvorderen des Bundeskriminalamtes in die Nazizeit verstrickt waren.
Ich bezweifele nicht die Absicht des BKAPräsidenten Ziercke und denke, dass hier ein Paradigmenwechsel offensichtlich demnächst vollzogen wird. Ich freue mich, dass nach über 50 Jahren, nicht mehr Korpsgeist sondern waches Nachdenken herrscht und nicht mehr falsche Rücksichtnahme, sondern souveräne Distanz und republikanische Offenheit, den Kurs bestimmen sollen.
Dieter Schenk, 1937 geboren, ist Honorarprofessor für die Geschichte des Nationalsozialismus an der Universität Lodz und Freier Publizist. Bis 1988 war er als Kriminaldirektor im Bundeskriminalamt jahrelang Berater des Auswärtigen Amtes in Fragen der Sicherheit des diplomatischen Dienstes. Schenk ist Gründungsmitglied des Arbeitskreises Polizei bei amnesty international und arbeitet im Vorstand des gemeinnützigen Vereins Business-Crime-Control (BCC). Er hat mehrere Bücher zum Thema herausgegeben, darunter "Die braunen Wurzeln des BKA" (2003); "'Auf dem rechten Auge blind' - Die braunen Wurzeln des BKA" (2001) und "Der Chef. Horst Herold und das BKA" (1998). Für sein Buch "Die Post von Danzig-Geschichte eines deutschen Justizmordes" (1995) wurde er in Polen und Deutschland mehrfach ausgezeichnet. Inzwischen gilt sein publizistisches Interesse fast ausschließlich dem Nationalsozialismus, mit Forschungen insbesondere in Polen. Momentan schreibt er die Biographie des Generalgouverneurs Hans Frank (1900-1946). Das Buch wird im August 2006 bei S. Fischer erscheinen.
hagalil.com 22-11-2005



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