Äh, gibts die DDR etwa noch in manchen Köpfen?
Lammert trickst damit auch in gewisser Weise Medien und sich selbst aus!
Denn, auch die Pflichtverletzungen eines Doktors der Soziologie -aus dem letzten
Jahrtausend- sind im Grunde nicht nur ernüchternd und enttäuschend, sondern
auch inakzeptabel, da Norbert Lammert Bundestagspräsident ist!
Und viele Medien tricksen über den Auftritt -einer zweifellos beeindruckenden
Persönlichkeit- und doch eines 77jährigen ergrauten Mannes einmal mehr die
eigene Gesellschaft aus! Aufmerksame Journalisten haben sicherlich mitgekriegt,
dass die von Wolf Biermann an die Linken-Abgeordneten im Deutschen Bundestag
gerichteten Sätze kaum in die Gegenwart passen können - was er in gewisser Weise
auch angedeutet hat: Bürgerrechtler opfern besonders in einer Diktatur nicht selten
einen hohen Einsatz an Emotionen, an Substanz, durch ihren Tatendrang.
Dabei steht doch u.a. geschrieben:
Du sollst nicht falsches Zeugnis ablegen über deinen nächsten!
Ein schönes Wochenende wünscht Thomas Karnasch
Wie Norbert Lammert die Linke austrickste
Der DDR-Kritiker Wolf Biermann wird am Freitag zum Gedenken an den
Mauerfall im Bundestag singen. Eingetütet hat das Bundestagspräsident
Norbert Lammert – mit einer geschickten List.
Foto: pa/Sven Simon
Zwei wie Hund und Katz oder Pech und Schwefel?
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und der Fraktionsvorsitzende
der Linken, Gregor Gysi, liefern sich nicht selten Duelle im Bundestag
Wenn am Freitag der
Bundestag mit einer Debatte an den Fall der Mauer vor 25 Jahren
erinnert, wird kein Redner im Mittelpunkt stehen, sondern ein Sänger.
Wolf Biermann, der Liedermacher, der 1976 aus der DDR ausgebürgert
wurde, trägt den Abgeordneten einen Song vor.
Undenkbar,
dass die Linke freiwillig zugestimmt haben soll, Biermann ein solches
Forum zu bieten, schließlich ist der 77-Jährige einer der
wortmächtigsten Kritiker der Linkspartei und schont die Abgeordneten
nicht, die in der Vergangenheit mit der Staatssicherheit
zusammenarbeiteten. Hat sie auch nicht. Und so fühlt sich die
SED-Nachfolgepartei ausgetrickst. Und zwar vom Bundestagspräsidenten
persönlich:
Norbert Lammert. Der CDU-Politiker nutzte dazu geschickt die Geschäftsordnung des Bundestages – was die Linke tüchtig ärgert.
Aber
der Reihe nach: Als im Ältestenrat, dem Gremium, das auch Feierstunden
im Bundestag vorbereitet, über den Mauerfall nachgedacht wurde,
blockierten sich die Fraktionen. Die Grünen hätten gern Marianne
Birthler, die ehemalige Chefin der Stasi-Unterlagenbehörde, als
Ehrengast gesehen. Die Union wollte lieber Sabine Bergmann-Pohl, die
erste frei gewählte Volkskammerpräsidentin der DDR und letztes
Staatsoberhaupt. Man einigte sich darauf, gar keinen Ehrengast
einzuladen und stattdessen je einen Redner aus jeder im Parlament
vertretenen Partei sprechen zu lassen.
Foto: dpa
Der Liedermacher Wolf Biermann bei einem Auftritt in der Gedenkstätte des Zuchthauses in Cottbus
Lammert
aber merkte an, es müsse, der Feierlichkeit wegen, wenigstens ein
besonderes Rahmenprogramm geben. Er schlug vor, Ausschnitte aus einem
Film einzuspielen, der bereits bei den Einheitsfeierlichkeiten am 3.
Oktober in Hannover gezeigt worden war. Alle stimmten zu. Dann aber
sagte Lammert, nach Teilnehmerangaben eher beiläufig, man könne sich
auch noch um einen Musikbeitrag bemühen.
Das
ist geübte Praxis bei Feierstunden: Am Holocaust-Gedenktag etwa spielte
eine Klezmer-Gruppe. Lammerts Nachsatz, er könne vielleicht Wolf
Biermann fragen, ging schon fast unter. Zumal ihn die parlamentarische
Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, scherzhaft mit dem
Gegenvorschlag konterte, Clueso – ein junger Rapper aus Erfurt – käme
auch infrage. Die parlamentarische Geschäftsführerin der Linken, Petra
Sitte, hörte schweigend zu.
Die Linke schäumte vor Wut
Der
Bundestagspräsident aber schritt zur Tat. Er lud nicht Clueso ein,
sondern Biermann. Der nahm die Einladung an. Lammert hängte seinen Coup
nicht an die große Glocke, erst Anfang der Woche sickerte Biermanns
Auftritt durch. Die Linke schäumte vor Wut. Aber sie kann nichts machen.
Offiziell ist die Feierstunde nur eine "verabredete Debatte", und das
musikalische Rahmenprogramm ist tatsächlich eine Domäne des
Bundestagspräsidenten.
Die
übertölpelte Petra Sitte – sie wollte am Mittwoch nicht mit der "Welt"
sprechen – musste sich intern schwere Vorwürfe anhören. Gleichzeitig
schwor die linke Fraktionsführung aber ihre Abgeordneten darauf ein,
sich nicht öffentlich über den Biermann-Auftritt zu beschweren, um dem
DDR-Kritiker nicht noch zusätzliche Publizität zu verleihen.
Doch
auch dieses Vorhaben scheiterte. Diether Dehm will am Donnerstag einen
offenen Brief an Biermann verschicken. Der "Welt" sagte der
Linken-Abgeordnete: "Biermann wird wieder heldenhaft versuchen, unsere
Leute als Stasi-Spitzel zu entlarven. Ich möchte ihn auffordern,
stattdessen seine alten Lieder zu singen."
Dehm
will Biermann dessen Song "So oder so, die Erde wird rot" vorschlagen,
indem der Sänger in den 1970er-Jahren zur Gründung einer kommunistischen
Partei nach italienischem Vorbild aufrief. Dehm, der einst Biermanns
Manager in Westdeutschland war, berichtete damals über den Sänger – der
Staatssicherheit in der DDR.
In Berlin wird der Mauerverlauf sichtbar
Berlin
leuchtet: Zur Erinnerung an den Fall der Mauer soll die Grenze
erstrahlen. 8000 leuchtende Ballons markieren den ehemaligen Verlauf
quer durch die Stadt. Ein einzigartiges Schauspiel.
Quelle: Axel-Springer-Akademie
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