Wenn
man über die Stasi-Vergangenheit deutscher Spitzenpolitiker spricht,
betrifft dies zumeist Mitglieder der Linken, ehemals PDS, ehemals SED.
Die konservative CDU hatte diesbezüglich bislang wenig zu befürchten.
Vor allem nicht die Bundeskanzlerin Angela Merkel, der kaum jemand in
der Öffentlichkeit zutraut, als Stasispitzel tätig gewesen zu sein. Was
sie auch vehement bestreitet. Trotzdem brodelt im Internet die
Gerüchteküche, in zahlreichen Blogs munkelt man von einer dubiosen „IM
Erika“, als die Angela Merkel angeblich bezeichnet wurde und enthüllt
merkwürdige Wendungen im früheren Leben der Kanzlerin. Doch was ist
wirklich dran an den Gerüchten? Wir sind den Spuren auf den Grund
gegangen und verraten, warum es eine Frage von Tagen sein könnte, dass
die Stasi-Bombe tatsächlich platzt!
Kanzlerin kann den Mund nicht halten
Immer, wenn Angela Merkel dazu befragt wird, ob sie jemals mit der
Stasi zusammengearbeitet hat oder zumindest von dieser versucht wurde,
sie zu rekrutieren, gibt sich die Kanzlerin sehr wortkarg. Nein, sie
habe nie jemanden im Auftrag der Stasi gespitzelt und habe auch nie als
IM, als „Inoffizielle Mitarbeiterin“ für die Stasi gearbeitet. Aber, so
gibt sie zu, die Stasi hätte versucht sie anzuwerben. Und zwar Ende der
70er-Jahre, genauer gesagt 1978, als Merkel sich auf eine
Assistentenstelle als Physikerin an der Uni Ilmenau beworben hatte. Nach
dem obligatorischen Vorstellungsgespräch sei sie in einen anderen Raum
geführt worden, wo ein Stasi-Offizier versuchte, sie anzuwerben. In der
ARD-Talkshow „Menschen bei Meischberger“ schilderte Merkel 2009, dass
sie das Angebot sofort abgelehnt habe. Dass sei nichts für sie, weil sie
den Mund nicht halten könne und alles sofort ihren Freunden erzähle,
witzelte die Kanzlerin in der Sendung und behauptete, damit sei das
Thema Staatssicherheit auch erledigt gewesen. Doch stimmen diese
Schilderungen? Außer dem Wort von Angela Merkel gibt es für diese
Version keine Beweise.
Der berufliche Aufstieg
In zahlreichen kritischen Berichten im In- und Ausland werden Angela
Merkels Behauptungen jedenfalls angezweifelt. Aufhänger für das
Misstrauen ist der steile berufliche Aufstieg der studierten Physikerin,
der merkwürdigerweise kurze Zeit nach dieser ominösen Stasi-Begegnung
begann. Die Stelle, auf die sie sich beworben hatte, bekam sie zwar
nicht, ging aber kurz danach mit ihrem damaligen Mann Ulrich Merkel nach
Ost-Berlin. Dort fand sie eine Anstellung beim renommierten
Zentralinstitut für physikalische Chemie (ZIPC) der Akademie der
Wissenschaften, wo sie 1986 auch promovieren sollte. Nur ein Zufall?
Nachteile wegen Kirchenhintergrund
Fakt ist, dass Angela Merkel niemals Mitglied der SED gewesen ist und
aufgrund ihres kirchlichen Elternhauses, ihr Vater war ein
evangelischer Pfarrer, sogar mit Nachteilen in der DDR zu kämpfen hatte.
So war es ihr beispielsweise nicht möglich, als Lehrerin für Russisch
und Physik zu arbeiten, so wie es ihr eigentliches berufliches Ziel war.
Umso verwunderlicher ist es, dass sie während ihrer Zeit in der
Akademie der Wissenschaften offenbar ihre Zuneigung für das Regime
entdeckte. Jedenfalls wurde sie in dieser Zeit Funktionärin für
Agitation und Propaganda in der sozialistischen Jugendorganisation Freie
Deutsche Jugend (FDJ). Sie selbst bezeichnet ihre Tätigkeit rückwirkend
gerne als „Kulturbeauftragte“ und betont, dass es schließlich normal
gewesen sei, viele Jahre in der FDJ Mitglied gewesen zu sein. Schaut man
sich Merkels Biografie an, fällt auf, dass sie alles andere war als
eine politische Oppositionelle in der DDR. Stattdessen ging sie häufig
den Weg des geringsten Widerstandes, was sie auch später freimütig
zugab: „Ich habe mir ein Leben als Wissenschaftlerin ausgesucht. Ich
habe mir ein Studium ausgesucht, damit ich nicht so viele Kompromisse
eingehen musste.“ Doch welche Kompromisse ging sie in ihrer
Vergangenheit dann tatsächlich ein? Erledigte sie für die
Staatssicherheit vielleicht doch die ein oder andere Gefälligkeit im
Gegenzug für ihren beruflichen Aufstieg und die Sicherheit vom
Staatsapparat in Ruhe gelassen zu werden?
Der Fall Havemann
Einen konkreten Anhaltspunkt sehen die Merkel-Kritiker für ihre
Vermutung, dass es die Kanzlerin bei der Schilderung ihrer Vergangenheit
mit der Wahrheit nicht ganz so genau nimmt. Dabei geht es um Robert
Havemann, einen berühmten Regime-Kritiker, der in der DDR seit 1976
unter Hausarrest leben musste und unter permanenter Stasi-Beobachtung
stand. Die Autoren einer Fernsehdokumentation für den WDR stießen 2005
bei der Recherche für einen Film über die Stasi auf die Geheimakte über
Robert Havemann – und in der fand sich ein brisantes Detail: ein Foto
von Angela Merkel. Das Bild befand sich in einer Reihe von
Stasi-Aufnahmen, die Personen zeigten, die sich rund um das Grundstück
von Robert Havemann im Laufe der Jahre aufhielten oder diesen besuchten.
Was machte Angela Merkel dort? Gehörte sie zu den Observierenden?
Besuchte sie den Kritiker aus einem harmlosen Grund? Unwahrscheinlich,
denn der Zutritt zum Haus wurde nur ausgewählten Personen gestattet.
Besuchte sie ihn also in offizieller Mission, um ihn auszuhorchen? Von
Merkel selbst gibt es dazu wenig Erhellendes. Sie sei von einem
Kommilitonen aus der Havemann-Familie mit zum Grundstück genommen
worden. Das sei alles, kein weiterer Kommentar. Pikant ist in diesem
Zusammenhang aber eine Tatsache, die belegt ist. Während ihrer Zeit in
der Akademie der Wissenschaften teilte sie sich ein Büro mit Havemanns
Sohn, der ebenfalls als Physiker arbeitete. Alles nur Zufall? Angela
Merkel behauptet, dass sie mit Havemann Junior praktisch kaum etwas zu
tun gehabt habe.
Merkel verhindert Veröffentlichung
In der bereits angesprochenen WDR-Reportage „Im Auge der Macht- die
Bilder der Stasi“ jedenfalls wollte man das entsprechende Merkel-Foto
veröffentlichen, bekam aber vom Büro der Kanzlerin eine Absage. Aus
"Gründen des Schutzes ihrer Privatsphäre" werde die Erlaubnis
verweigert. Im Film wurde daraufhin das Foto von Merkel gezeigt, sie
selbst aber unkenntlich gemacht. In einigen Schweizer Magazinen hingegen
wurde das brisante Foto veröffentlicht. Dort verdächtigte man die
Bundeskanzlerin in zahlreichen Artikeln dann auch ganz konkret, als
Stasi-Spitzel tätig gewesen zu sein. Eine Behauptung, die die Autoren
der WDR-Reportage im Übrigen keineswegs in ihrer Dokumentation
aufstellen wollten. Aus diesem Vorgang eine Spitzeltätigkeit Merkels
abzuleiten, sei ziemlich daneben und unseriös, schrieb der Autor Holger
Kulick an die Macher des „Chronik Berlin“, die einen solchen
Zusammenhang konstruiert hatten. Tatsächlich habe Merkel der
Veröffentlichung deshalb nicht zugestimmt, weil sie ihrem politischen
Ziehvater Helmut Kohl nicht in den Rücken fallen wollte, der sich zu der
Zeit öffentlich dagegen wehrte, seine Stasi-Akte zu veröffentlichen.
Doch stimmt diese Erklärung? Ist das wirklich der alleinige Grund? Auch
hier steht alleine Angela Merkels Wort.
Stasi-Akten werden restauriert
Sammelt man die Fakten rund um die These, dass Angela Merkel, als
Stasi-Spitzel aktiv gewesen sein soll, kommt man unweigerlich zu dem
Schluss: Beweise gibt es nicht, einige Ungereimtheiten jedoch definitiv.
Von der Bundeskanzlerin, die vielfach höhnisch als „IM Erika“
bezeichnet wird, ist jedenfalls keine Aufklärung zu erwarten. Sie lehnt
die öffentliche Einsicht in ihre Stasi-Akte nach wie vor ab und gibt an,
dass „zu diesem Thema alles gesagt“ sei. Doch sollte sie tatsächlich
etwas zu verbergen haben, dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein,
bis sich die entsprechenden Beweise finden lassen. Die Hoffnungen ruhen
auf dem Fraunhofer-Institut, das seit 2007 an einer technischen Lösung
arbeitet, die von der Stasi kurz nach dem Mauerfall geschredderten
Geheimakten zu den Inoffiziellen Mitarbeiter digital wieder
zusammenzusetzen und lesbar zu machen. Insgesamt geht es dabei um 15.000
Säcke prall gefüllt mit Papierschnipseln, die im Archiv lagern. Würden
30 Personen von Hand diese Aufgabe erledigen wollen, bräuchten sie dafür
rund 800 Jahre, schätzt das Fraunhofer-Institut. Dies wird nicht nötig
sein, denn Scanner und Software arbeiten inzwischen zuverlässig und
können eingesetzt werden. Die ersten 400 Säcke werden in Kürze
analysiert werden. Nach dieser Testphase, wenn sie denn erfolgreich
verläuft, könnte das komplette Material eingescannt und analysiert
werden. Sollte sich in den Papierschnipseln ein Beweis für die
IM-Tätigkeit von Angela Merkel verstecken, ist es also nur noch eine
Frage der Zeit, bis dieser entdeckt wird. Nur Angela Merkel wird wissen,
ob sie eine tickende Zeitbombe zu fürchten hat, oder sich entspannt
zurücklehnen kann!
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