Arte zeigt „Der geplünderte Staat“
Milliarden sind im Spiel
11.02.2014
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Was öffentlich-private Partnerschaften
anrichten, das haben Stefan Aust und Thomas Amann recherchiert.
Herausgekommen ist ihre Dokumentation „Der geplünderte Staat“ - heute
bei Arte.
Von
Ursula Scheer
© © France Télévisions
Demonstration
gegen einen geplanten Großflughafen im westfranzösischen Nantes:
Politiker wollen zusammen mit dem Baukonzern Vinci das umstrittene
Milliardenprojekt durchsetzen
Marode Autobahnen,
vergammelnde Schulen, dringende Investitionen auf unbestimmte Zeit
verschoben - so sähe es aus in hochverschuldeten Ländern wie Deutschland
und Frankreich, wenn es sie nicht gäbe: private Investoren, die
bezahlen, was der klamme Staat dank Schuldenbremse nicht leisten kann.
Das sagen jedenfalls die Befürworter
öffentlich-privater Partnerschaften (ÖPP). Ihre Gegner zeigen auf die
Resultate: die abschnittsweise ausgebaute A 1 zum Beispiel, sanierte
Schulen und die unvollendete Elbphilharmonie. In Paris steht der Neubau
des Pariser Justizpalasts in der Diskussion. Allesamt öffentliche
Projekte in der Hand von Privatinvestoren. Und Milliardengräber für den
Steuerzahler.
Intransparenz als Prinzip
Was
läuft da eigentlich zwischen Politik und Wirtschaft, fragen Stefan Aust
und Thomas Amann in ihrer Arte-Dokumentation und zeigen, was gebaut wird
und nicht gebaut werden könnte, weil die Kassen leer sind, dazu holen
sie Menschen vor die Kamera, die etwas über diese Projekte sagen können.
Den ehemaligen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) zum
Beispiel, den Grünen-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Anton
Hofreiter, ausgestiegene Projektleiter, Wirtschaftswissenschaftler und
den Präsidenten des Bundesrechnungshofs, Dieter Engels. Es ist ein
Parforceritt über Baustellen und Demos, durch Aktenkeller und Büros,
schnell geschnitten, immer auf der Flucht vor der kurzen
Aufmerksamkeitsspanne der Zuschauer. Und er führt rasch zur wichtigsten
Erkenntnis - dass ÖPP-Projekte vor allem eines sind: undurchsichtig.
Denn was die politische Exekutive mit
den Investoren aushandelt, ist Geheimsache. Parlamentarier dürfen die
Verträge zwar einsehen, aber nicht über sie sprechen, klagt Hofreiter,
dann gleitet der Blick über Ordnerrücken. Mangelnde parlamentarische
Kontrolle und die Verlockung, sich als Politiker scheinbar auch ohne
Geld als Macher profilieren zu können.
Öffentlich-privater Partnerschaft als Verschuldung
Was
Aust und Amann erzählen, ist bekannt, interessant sind die Details
dennoch, die sie zutage fördern. Die Verwicklungen um den Bau der
Justizvollzugsanstalt Waldeck zum Beispiel, bei der ein Investor einen
Politiker geschmiert haben soll. Die immer noch unbeantwortete Frage,
wie genau die Kosten der Elbphilharmonie explodierten.
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Und
schließlich der Seitenblick auf Peer Steinbrück und Roland Koch. Viel
Zeit ist nicht in fünfundsiebzig Minuten, etwas weniger Tendenz und eine
Beschränkung auf weniger Baustellen hätten dem Film wohl gutgetan.
Erkenntnisreich bleibt er bis zum Schluss. Und die Einschätzung von
Dieter Engels, dass ÖPP oft nur eine andere Form des Schuldenmachens
sei, bleibt haften.