Umsturz in Ägypten Warum der Militärputsch notwendig war
Was aussieht wie ein Putsch und ausgeführt wird wie ein Putsch,
ist auch ein Putsch. Ägyptens Militärchef al-Sisi hat den demokratisch
gewählten Präsidenten Mursi entmachtet, die Verfassung außer Kraft
gesetzt und wie ein Autokrat den Fahrplan diktiert. Trotz alledem gibt
es eine Rechtfertigung für den Umsturz des Militärs.
Die Lehrbücher der Politikwissenschaft müssen wohl überarbeitet
werden. Es geht um die Kapitel Revolution, Demokratie und freie Wahlen.
Ein Militärputsch gegen einen demokratisch gewählten Präsidenten, von
den Generalen Hand in Hand verkündet mit der Opposition, welche die
Mehrheit der Bürger hinter sich weiß - das haben die Theoretiker so nie
vorgesehen; Jubel und Feuerwerk für die Soldaten auf ihren Panzern auch
nicht. Die Sorglosigkeit der Ägypter beim Sturz ihres ersten frei
gewählten Staatschefs ist erschreckend. Demokratie in Ägypten - das ist 2013 immer noch eine Sache des Ausprobierens. Ob es gut oder schlecht endet, wird sich zeigen.Die Rhetorik von der unverbrüchlichen Einheit des Volkes und der Armee ist nur Blendwerk. Was aussieht wie ein Putsch und ausgeführt wird wie ein Putsch, ist auch ein Putsch. Militärchef Abdel Fattah al-Sisi hat den islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi entmachtet, die Verfassung außer Kraft gesetzt, er lässt die Führer der Fundamentalisten inhaftieren. Wie ein Autokrat hat Sisi den Fahrplan diktiert, der dem Land Stabilität bringen sollen. Der General hat zwar Wahlen versprochen. Aber bis dahin ist der Weg noch weit.
Opposition als Komplize
Gibt es trotz alledem eine Rechtfertigung für den Umsturz des Militärs? Ja. Ägypten steht am Rand des Zusammenbruchs. Wirtschaftlich liegt das Land am Boden. Politisch war der Kampf zwischen Regime und Opposition hoffnungslos festgefahren, der zur Routine gewordene Straßenkampf wurde schon mit Gewehren betrieben. Eine Einigung zwischen den im Präsidentenpalast eingeigelten Islamisten und der Opposition, die das Volk auf die Straße treibt, war nicht mehr zu erwarten. Die Armee als einzig noch funktionierende Institution des Landes hatte kaum eine andere Wahl als einzugreifen.
Infobox
Was ist ein Putsch?
Er kommt meist unangekündigt, nicht selten geht
es blutig zu, und in der Regel spielen Uniformierte eine Hauptrolle: Der
Putsch gehört wohl zur Weltgeschichte, seit es Macht und Menschen gibt.
Das Wort selbst ist allerdings im deutschsprachigen Raum nicht ganz so
alt. Es stammt vom schweizerischen "Bütsch", das ursprünglich und recht
lautmalerisch einen heftigen Stoß, Zusammenstoß oder Knall bezeichnete.
Die Schweizer Volksaufstände in den Dreißigerjahren des 19. Jahrhunderts
- vor allem der "Züriputsch", bei dem nicht Soldaten, sondern Bauern
mit Knüppeln gegen die Kantonsregierung marschierten - führten dazu,
dass der Begriff auch ins Hochdeutsche und in die Politikwissenschaft
Einzug fand.
Laut heutiger Definition zielt bei einem Putsch eine kleinere Gruppe, meist aus der Armee, darauf ab, die Staatsgewalt zu übernehmen, und zwar auf einem nicht verfassungsgemäßen Wege. Das kann in einer Militärdiktatur münden (etwa in Chile 1973). Manchmal installieren die Akteure nach dem Umsturz aber auch mehr oder weniger freiwillig eine zivile Regierung und dirigieren aus dem Hintergrund (so in Mali 2012). Auch der ägyptische Armeechef Abdel Fattah al-Sisi wollte die negativen Konnotationen eines Putsches offenbar vermeiden, indem er bei seiner im Fernsehen übertragenen Ansprache zur Absetzung des Präsidenten Geistliche und Oppositionsvertreter um sich scharte. (isch)
Laut heutiger Definition zielt bei einem Putsch eine kleinere Gruppe, meist aus der Armee, darauf ab, die Staatsgewalt zu übernehmen, und zwar auf einem nicht verfassungsgemäßen Wege. Das kann in einer Militärdiktatur münden (etwa in Chile 1973). Manchmal installieren die Akteure nach dem Umsturz aber auch mehr oder weniger freiwillig eine zivile Regierung und dirigieren aus dem Hintergrund (so in Mali 2012). Auch der ägyptische Armeechef Abdel Fattah al-Sisi wollte die negativen Konnotationen eines Putsches offenbar vermeiden, indem er bei seiner im Fernsehen übertragenen Ansprache zur Absetzung des Präsidenten Geistliche und Oppositionsvertreter um sich scharte. (isch)
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